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πικροί, so ist ja freilich der weise Lesbier an dem Dictum unschuldig, allein wer und in welchem Sinne ihm das Dictum zugetheilt hat, das liegt auf der Hand[1]. Es mischen sich in dem attischen Hasse zwei Vorstellungen: einmal den Ausbund aller Schlechtigkeit in den Megarern zu sehn, ‚du Megarer‘ ist ein Schimpfwort[2]; noch mehr aber, Megara als ein gerngroßes dummstolzes Krähwinkel hinzustellen. Diese Rolle spielte bekanntlich bei den Griechen im sechsten Jahrhundert Aigion, damals eine unbedeutende Colonie von Aigeira. Ihm sollte, als es nach einem kleinen kriegerischen Vortheil, den es errungen, vom Großmachtsschwindel ergriffen den delphischen Gott gefragt, wer der erste der Hellenen sei, die berühmte Antwort geworden sein, welche schließt:

ὑμεῖς δ’ Αἰγιέες οὔτε τρίτοι οὔτε τέταρτοι
οὔτε δυωδέκατοι οὔτ’ ἐν λόγῳ οὔτ’ ἐν ἀριθμῷ.

In dieser Form hatte noch Ion von Chios in einem Enkomion des Spruches gedacht. Hundertundfunfzig Jahre später sind die Megarer ganz allgemein an die Stelle von Aigion getreten, schließlich hat doch wohl Bosheit, nicht Unwissenheit den Megarer Theognis als Gewährsmann für die Schande seiner Vaterstadt angeführt[3]. In diese Reihe nun gehört es offenbar, wenn ein tölpelhafter Spaß, eine dummstolze Aufspielerei megarisch heißt. Solch Stückchen kommt bei Aristoteles Eth. Nikom. 1123 a23) zum Vorschein. Für den βάναυσος der παρὰ μέλος λαμπρύνεται gibt er als Beispiel οἷον ἐρανιστὰς γαμικῶς ἐστιῶν καὶ κωμῳδοῖς χορηγῶν ἐν παρόδῳ πορφύραν εἰσφέρων ὥσπερ οἱ Μεγαρεῖς. Es ist arg, dass man darin das historische Factum hat erblicken wollen, die Choregen in Megara hätten den Eingang zur Orchestra mit Purpur ausgeschlagen. Als ob die gotteslästerliche Bedeutung solcher Handlung nicht aus der prachtvollen Scene des Agamemnon hervorleuchtete, als ob irgend eine Spur einer Choregie, auch nur eines Theaters in Megara vorhanden wäre. Nun die alten Erklärer, von deren Gelehrsamkeit Aspasios einen reichen Auszug gibt, haben die Sache natürlich richtig verstanden, und

  1. Anthol. Pal. XI 440 es war also durchaus verkehrt das Lemma in Φιλίσκου zu ändern.
  2. Philonid. Kothorn. 1.
  3. Ion bei Miller mélanges p. 362; Kallimachos epigr. 25 Mein.; Theokrit. XIV 49; Clemens Strom. VII 901; Bergk lyr.² 453.
Empfohlene Zitierweise:
diverse: Hermes. Zeitschrift für classische Philologie Bd. 9 (1875). , 1875, Seite 327. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermes_9_327.png&oldid=- (Version vom 25.2.2024)