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fromme es, die Augen zu schließen, damit die Tatsache nicht ersichtlich und klar würde? Ja, die Wahrheit nicht hören zu wollen ist Sünde und Schuld, und sie nicht mehr hören zu können und zu dürfen ist Strafe und Verhängnis. Wie hat England gegen alle Sünden der Völker geeifert, gegen die Greuel der Kongoakte und ihren heuchlerischen Anfang: Alles im Namen Gottes!, gegen die Armenischen Greuel der Türken und die Verfolgung der Juden durch Rußland, gegen Spaniens Intoleranz und gegen alles und jedes Unrecht, nur um selbst all dies Unrecht begehen zu können. – Wenn heute, so sagt man sich oft, ein John Knox wieder aufstünde, „der Mann, der sich vor keinem Menschen gefürchtet hat“, den Maria Stuarts Schönheit und Lieblichkeit nicht rühren, ihr Zorn nicht erschrecken konnte, wenn der fromme Milton, der gewaltige Pitt, der Preußens Größe als Bollwerk gegen Frankreich wollte, mit dem heiligen Ernste alttestamentlicher Propheten wiederkämen und Carlyle seine Liebe zu deutschem Wesen und lutherischer Reformation wieder bekennen dürfte, wenn Spurgeon sein seelsorgerliches Wort wieder geltend machen könnte, mit dem er dem Flucher verbot je noch zu beten und ihn so gewann, wenn das Büchlein von der Sündhaftigkeit kleiner Sünden (the sinfulnes of littles sins) durch den „guten“ Bischof von London, Jakson, wieder verbreitet werden dürfte, was allein würden alle diese Männer rufen, bitten, stürmisch mahnen, weinend erflehen: Laßt ab vom Bösen und tut Gutes, sucht Frieden und jagt ihm nach! (I. Petri 3, 11.)

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 Hat denn England keinen Ratgeber mehr oder sind sie alle mit Blindheit geschlagen? Hat es nicht einen fernen Freund, Blut von seinem Blut, Bein von seinem Bein? Aber Amerika, das England am besten kannte und darum von ihm vor 140 Jahren sich schied, ist selbst dem Gelde verkauft. Es ist das Land ohne „deutsche Tannen und Nachtigallen“ (Lenau). Und doch hat es so viel Gutes von Deutschland erfahren, von Friedrich des Großen Zeiten an bis auf unsre Tage. Ich nenne den einzigen Namen Löhe, der es verdiente, nicht daß sie ihm Denkmäler setzen, aber daß sie um dieses

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Hermann von Bezzel: Unsere Feinde. , Ansbach ca. 1915, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Unsere_Feinde.pdf/10&oldid=- (Version vom 10.9.2016)