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Ringen im Garten berichten die Synoptiker, Johannes erwähnt davon nichts. Man hat gesagt: „Wie ist es möglich, daß aus der Hoheit und Sicherheit dieses Gebetes unser HErr in das Zittern und Zagen eintritt, aus dem Geborgen-sich-wissen in diese Vereinsamung und Verlassenheit? Ja, das ist schwer zu erklären, es bleibt ein Rätsel. Ich will versuchen, einiges darüber zu sagen. Was unserm HErrn an innerlichem Bewußtsein schon längst klar geworden war Seiner göttlichen Natur nach, das mußte durch Kampf und Ringen hindurch von Seiner menschlichen Natur angeeignet werden. Dieser Wechsel der Stimmung von der Hoheit des über das Leiden hinübersehenden Triumphes in die Tiefen des den Triumph übersehenden Leidens, das war eine Mitgift Seiner menschlichen Natur, ein Ausfluß der Schwäche des Leibes, welche unser HErr uns zum Trost getragen hat. Wenn wir von der Hoheit des weltüberwindenden Glaubens herabsinken müssen in die Tiefen des ringenden „Mein GOtt, mein GOtt, warum hast Du mich verlassen?“ dürfen wir uns des getrösten, daß unser Heiland, der in Seinen höchsten, von GOtt geheiligten Augenblicken nicht beharren durfte, Seinen Dienern und Dienerinnen helfen will. Gesprochen hat Er es noch nicht im Garten Gethsemane, sondern in dem Gemach, in dem ER das heilige Abendmahl eingesetzt. Es knüpft an an das Wort: In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, fasset Mut, Ich habe die Welt überwunden.“ Die Tiefen, die noch zwischen dem wirklichen Ueberwinden und dem jetzigen Standpunkt sind, die sind durch die Brücke des Glaubens übertragen. Luther sagt: „Das ist die Wahrheit: wo der HErr Christus anfängt zu kämpfen, da beginnt ER zu triumphieren.“ Habe ich innerlich überwunden, so wird mein HErr und GOtt nicht zulassen, daß ich äußerlich zu Schanden werde. ER hat die Welt überwunden, und damit giebt ER Seiner Gemeinde auf Erden den Trost, daß ER in ihr und mit ihr die Welt überwinden wird. Was bangen wir? Was ängsten wir uns vor den Gefahren der Welt? ER hat die Welt überwunden, Er hat alles überwunden, auch diese Gefahren. An uns liegt es, Seine Siegeskraft ins Leben treten zu lassen. Sie ist gebunden, wenn wir sie