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vermittelnd. Hebet eure Häupter in die Höhe! Gerade in der letzten Stunde gilt es, das Haupt aufrichten; denn nun naht endlich die Erlösung. Daß der HErr Ihnen diese Herrlichkeitsgemeinschaft gebe, das bitten Sie. ER hat sie gegeben, nehmen Sie alle Worte real. Wir sind viel zu sehr in dem elenden Bann der Phrase befangen auch unserm HErrn gegegenüber. Wir entkleiden die Worte ihres tiefsten Gehalts, daher kommt auch das Mißtrauen unserm HErrn Christo gegenüber. Je mehr wir mit unserer ganzen Person für die Worte einstehen, die wir reden, desto mehr vertrauen haben wir auch zu Seinem Wort. Es ist genug mit diesen Aus- und Umdeutungen, die nichts anderes sind als eine Schmach des Kreuzes. Er hat gehandelt am Kreuze. Wir wollen nie eines Seiner Worte als ein mindergiltiges ansehen. Das ist unsere Schuld vom Paradiese her, daß wir die Worte des wahrhaftigen GOttes nicht so real nehmen. „Sollte GOtt gesagt haben?“ Unsere ganze Theologie krankt an diesem Fehler. Wir sind von diesem elenden Phrasenzwang mehr gebannt, als wir ahnen. Höher noch als alle Bekenntnisschriften steht mir das einfache Bibelwort, wiewohl ich sehr treu zu den Bekenntnissen meiner Kirche stehen möchte. Lassen Sie uns immer wieder zur Quelle zurückkehren, reines Wasser schöpfen. Sehet, welche Liebe hat der Vater in dies unscheinbare Wort gelegt; Er hat es gethan. Warum lassen wir es ruhen, sterben und verderben? Wollen wir den Schatz vergraben? Das thun wir, wenn wir es umdeuten, abdeuten, verdrehen, figürlich nehmen und wie dergleichen Schwindel des Abgrunds heißen mag. Vor aller Allegorisiererei möchte ich ernstlich warnen. Da wollen wir Seine Gedanken mit unsern Gedanken sublimieren, weil sie uns zu dürftig sind. Predigten der Art legen Sie beiseite. Das ist ein schwächlicher Versuch, die dürftigen Gedanken GOttes mit unsern Gedanken zu adeln und zu bereichern. Predigtbücher, die strotzen von „Blüten und Blütenduft,“ die so poetisch einherschreiten, werfen Sie dahin, wohin sie gehören. Sie haben Gescheiteres zu thun. Das ist für Salonmenschen, aber nicht für ordinäre Christen, und Sie sollen ordinäre Christen sein und bleiben. So sehr ich