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auf der rechten Fährte. Wenn Sie das Beste thun unter solchen Bedingungen und Verhältnissen, daß kein Mensch davon weiß, dann stehen Sie im Leiden, denn Sie haben Ihre Kräfte an Nichtanerkanntes verwendet, und das ist schwer; aber der Vater, der ins Verborgene siehet, wird es Ihnen vergelten öffentlich. Wenn Ihr Leiden in den Vordergrund und das Arbeiten in den Hintergrund tritt, dann ist die Gefahr, daß man nur leidet, daß man sich im Schmerz giebt und dem Schmerz sich hingiebt, den Schmerz nicht als eine erziehliche, sondern als eine erdrückende und abstumpfende Macht ansieht. Wer das thut, der hat den Segen des Leidens sich geraubt, hat umsonst gelitten. Denn dadurch, daß einer leidet, wird er noch nicht gekrönt, ist er noch lange nicht ein Nachfolger Christi, sondern dadurch, daß einer im Leiden arbeitet. Und so oft das Leiden mehr in den Vordergrund tritt, soll es eine Arbeit sein am innern Menschen. Seine Seele hat gearbeitet (im Leiden). So ist auch Ihr Leiden, wenn es im Leben in den Vordergrund tritt, eine Arbeit am inwendigen Menschen, eine innere Entwickelung, eine Gebetsarbeit für das Reich GOttes, eine Arbeit im letzten Grunde für Ihn. Leiden und Arbeiten sind bloß zwei verschiedene Seiten derselben Sache. Das ist Christi Nachfolge, und darauf folgt die Verklärung. Wenn unsere Sache das „Verkläre sie, Vater“ hören soll, so muß sie zuvor durch leidentliche Arbeit und wirksames Leiden hindurchgegangen sein. Die erste Phase hat sie erreicht, das leidentliche Arbeiten. Daß sie das arbeitende Leiden schon erfahren hat, glaube ich nicht. Halten Sie sich diese zwei Frageformen stets gegenwärtig, und Sie werden in viel Thorheit und Schwindel des modernen Christentums unserer Tage nicht willigen. Sie können ein solch kurzatmiges Christentum, wie die innere Mission es oft darstellt, nicht billigen. Das sage ich im Vollbewußtsein des göttlichen Gebotes: „Du sollst kein falsch Zeugnis reden!“ Kurzatmigkeit, Schnellatmigkeit hat das Aufhören des Atmens zur Folge; wo bleibt bei dieser Arbeit der inneren Mission das Leiden? Ist wirklich das zweite Stadium, das des arbeitenden Leidens angebrochen, dann weigern Sie sich desselben nicht. Es kann eine Zeit