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noch so groß wäre; und jedes Leiden, das nicht eine Arbeit ist, stumpft ab und hat auch keinen inneren Erfolg für den Menschen. „Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen.“ – Das ist die Arbeit des Leidens, in der das tiefste Weh beschlossen ist – gearbeitet und nichts gefangen. „Ich dachte, ich brächte meine Tage vergeblich zu.“ In der Arbeit liegt ein verborgener Segen, den man nicht hoch genug schätzen kann. Es soll kein Mensch, am wenigsten eine Dienerin Christi, Ueberfülle von Arbeit beklagen. Es giebt eine Arbeit, in der wir uns so heimisch fühlen, welche die verborgenen Kräfte der Sünde so sehr zurückbannt, daß wir für sie danken müssen, aber in aller Arbeit muß es heißen: „Nicht uns, HErr, nicht uns, sondern Deinem Namen gieb Ehre.“ Daß wir unsere besten Kräfte und Erfolge nicht uns, sondern Ihm zuschreiben müssen, darin liegt zunächst etwas Leidentliches; daß wir ganz andere Werturteile über unsere Arbeit bekommen, als sie unser natürlicher Mensch fällt, darin liegt das Leiden. Wir haben etwas erreicht und wir glaubten, etwas Bedeutendes erreicht zu haben, und mit der Zeit wird uns klar: „Es ist nichts gewesen!“ Umgekehrt: daß wir unsere Kräfte einsetzen müssen, unbekümmert um jeden Erfolg, einfach unsere Kraft und Leben darangeben, das ist das Leiden der Arbeit. Auf die Worte: „HErr, haben wir nicht in Deinem Namen große Thaten gethan?“ antwortet Er an jenem Tage: „Ihr habt sie gethan, aber Ich habe euch nicht erkannt.“ Darüber geben Sie sich keinen Illusionen hin. Wenn man nach dem Erfolg das Christenleben beurteilt, so legt man einen falschen Maßstab für dasselbe an. Wer nach den Großthaten den Segen GOttes bemißt, der bemißt ihn falsch. Es muß bei allen unsern Thaten das Leiden die eigentliche Grundbedingung sein; wir arbeiten für eine Sache, die zunächst nicht die unsere ist, sondern die Seine. Das ist das bitterste für den menschlichen Egoismus. Wenn Ihre ganze Berufsarbeit sich so ausgestaltet, daß Sie in allem und jedem, auch im Schwersten und im Schwersten zu meist, da am treusten arbeiten, wo Sie ganz gewiß wissen, menschliche Anerkennung trifft mich nie, dann sind Sie