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 Aber ich sehe ab von dem, was ich Erdenseite und Vergänglichkeit des Berufs nennen möchte, von dem Menschlichen und allzu Menschlichen, das Gott der Herr in den Beruf gesenkt hat, und sage uns allen zum Troste: In dem Erdenberuf setzt die Heiligung ein. All das, was du in der Nachfolge willst und tust, und all die Arbeit, die du um Jesu willen auf dich nimmst und vollziehst, und all der Ernst, den du dem Heilande zu Dank Ihm und dir gelobst, das hat seinen Umkreis, sein Arbeitsfeld in dem irdischen Berufe. Da siehe du deinen Stand an: in dem Widerstreit zwischen Erdenflucht und Erdenbehauptung, zwischen Himmelssehnsucht und Erdeneroberung, zwischen enteilendem Heimweh und der Pflicht, die Erde zu bauen, in diesem großen herzbrechenden Widerstreit schützt und segnet der irdische Beruf. „In meinem Beruf ist dein Amt und Befehl.“

 Nun sind wir köstlich bewahrt vor der Gefahr, uns einen Kreis, in dem wir Jesu nachfolgen sollen, erst zu schaffen. Denn alle diese selbstgezeigten Kreise haben nicht die Kraft, uns beim Wort zu nehmen. In die selbstgezogenen Kreise nehmen wir schützende Ausnahmen, bewahrende Möglichkeiten, rettende und sichernde Ausflüchte herein. In alle selbstgewählten Möglichkeiten legt der Mensch eine Sicherung hinein vor dem ernstesten Pflichtgebot. Der Mensch kann vieles, um Eines nicht zu können, er vermag vieles, damit er Einem entgehe, und es ist eine bekannte tiefernste Tatsache, daß, je mehr wir in die Nachfolge Jesu eingründen, desto mehr wir die Einfachheit des Erdenberufes preisen.

 Zum zweiten: Indem wir den Erdenberuf annehmen, werden wir immer ängstlicher in der Frage, was ist deines Berufes und was nicht. Die Ausdrücke: Dazu fühle ich keinen Beruf in mir, dazu fühle ich mich berufen, werden immer seltener. Hat ein Mensch seinen Erdenberuf, er heiße, wie er wolle, und nimmt er ihn aus der Hand des treuen Gottes, so wird in diesem Erdenberufe er mit ganzem Ernste und mit ganzem Eifer das Eine halten, das Eine, die Beschränkung, die Beengung, die Einfachheit; er begehrt nichts mehr. Lassen Sie sich das recht an das Herz gelegt sein! Wir stehen jetzt in der Zeit der Vielgeschäftigkeit. Das Neue Testament hat besondere Worte für diese Vielgeschäftigkeit geprägt. Wenn ich eine Feder ansetze zu einem Brief, der nicht ganz auf der Linie meiner Pflicht liegt, so ist es Sünde. – Wenn das noch als Vermächtnis von mir gegeben werden dürfte, so hätte ich dem Hause ein Kleinod hinterlassen. Glauben Sie einem Manne, der in schwerer Zeit seinem Heiland versprochen hat: Ich setze keinen Bleistift an, um etwas zu erhellen oder zu beschönigen; alles,