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der Kirche Jesu und diese Armut, mit der sie der Not entgegengeht und sie anzieht, hervorrufen. Ich stelle deswegen den Gedanken recht heraus, der wahrlich nicht den Vorzug hat, ein neuer, aber den Vorzug hat, ein wahrer zu sein: Diakonie, Lehrdiakonie an den Gefallenen und an den Verblödeten! Es muß und wird die Zeit kommen, wo in den Blödenanstalten die Besten unterrichten. Es ist wohl durch die Reihe der Jahre der arge Mangel, der oft die größte sittliche Forderung erdrückt und erstickt, schuld gewesen, daß man den Blödenschulen nicht besser vorstand und nachging. Es gehört überhaupt zu den niederdrückendsten Dingen, wenn man Pflichten weiß, kennt, zu ihnen sich bekennt und nicht das Brot hat, in der Wüste zu geben. Eben darum, weil die Zeit kommen wird, wo wir um Arbeit sehr dankbar sind, soll für unsere Blöden, für diesen heimlichen Gottesgarten, da ein ganz besonderes Innenleben geführt wird, und ein eigenes Glaubensleben anhebt, eine Reihe barmherziger Dienerinnen, eine Reihe seelenkundiger Arbeiterinnen erweckt und gewonnen werden. Die Blödenschule hat doch die große Aufgabe, daß sie Armen, geistig Minderwertigen den einzigen Zug in ihrem Leben richtig herausstellt und recht verklärt, den Zug zu dem Quell des Evangeliums. Hier wird die Apologie Jesu gefeiert. Es hat mir einen tiefen Eindruck gemacht, als ich neulich las, wie auf einem Schiff, das herüberfuhr nach Amerika, ein Buddhistenpriester und ein Paria sich fanden. Der Paria lag im Sterben. Ein englischer Offizier bat den Buddhistenpriester, er möge zu dem Paria heruntergehen und ihm die letzten Tröstungen geben. Aber der Priester erwiederte, daß er für Parias keine Tröstungen habe. Das ist eigentlich die große Bankerotterklärung dieses so geliebkosten und angegafften Buddhismus.

 Hier setzt die Nachfolge Jesu ein. Hier leuchtet über ihr Antlitz die helle Freude, daß diesen Armen ein einziger Schatz bleibt: dieser Schatz ist die Flucht zu dem Kreuze Christi. Unter dem Kreuz hat bekanntermaßen die Blödenpflege begonnen. Zwei arme Idioten, die Dr. Guggenbühl unter dem Kreuze gekauert fand, haben ihm vor jetzt 70 Jahren das Herz gerührt. Zu dem Kreuze weist die ganze Pflege hin. Möchten wir nicht vergessen, daß Armut, arme Diener und Dienerinnen und der arme Herr Jesus zusammengehören, weil hier die Gabe und das Verlangen zumal ist und über allem es heißt: Es wird das Evangelium gepredigt.

 Gott verleihe aus Seiner Gnade, daß, wenn jetzt eine ganz neue Weltentwicklung anhebt, die Weltentwicklung der Tatsachen, wo die Gegensätze scharf herausgemeißelt einander gegenüber stehen, wo die Trennungen klar und scharf sich