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seiner Frömmigkeit, denkt nicht daran, wie sein Diener mit vielen kleinen Aufträgen beschwert ist, daß er müde am Sonntag Abend niedersinkt. Wer seinen Sonntag recht feiert, der muß an ihm alle Arbeit hinten lassen und zurückstehen heißen, die ihn irgendwie beschwert, die irgendwie sein heiliges, freudenreiches Antlitz entstellt. Der Sonntag grüßt dich als ein Vorglanz der Ewigkeit, er ruft deiner Seele zu: frei von dem Dienst des vergänglichen Lebens zu der seligen Freiheit der Kinder Gottes! Wehre ihm nicht, zeichne nicht in sein hl. Angesicht allerlei weltliche Dinge, sondern laß ihn gewähren, damit er dir alle Tage übergülde, verkläre und heilige! Daß man also am Sonntag kein Werk tun darf? Luther würde gerade diese Frage beantworten: o ja, man darf schon Werke tun. Alle Werke kannst du tun, alle Beschäftigungen kannst du vornehmen, wenn sie dir von Gott irgendwie geboten sind. Wo aber kein göttliches Gebot dazu ist, da ist es Sünde. Sorge dafür, daß du am Sonntag deinem Leibe Ruhe gönnst, daß du ihm zeigst, wie du seiner gedenkst. Sorge dafür, daß dein Leib des Sonntags froh wird durch allerlei Weise: durch einen Gang in Gottes schöne Natur, durch Anschauen schöner, edler Bildwerke, durch das Anhören hehrer Klänge der Musik, durch eine stille, vor Gott bestehende Stunde. Sorge nur dafür, daß dein Leib des Sonntags froh werde, so wird auch die Seele seiner froh sein! Seht, wenn man von Sonntagsheiligung so viel spricht, so gedenke man daran, was einmal Kögel in einem seiner besten Vorträge erzählte: Als der große Tunnel durch den Brenner gebaut wurde, da standen mitten in dem Stollen zwei große Glasglocken; die eine entführte die verbrauchte Luft und die andere brachte neue Lebensluft ein. Das ist der Sonntag. Der hat die doppelte Aufgabe für deinen Leib, daß er die verbrauchte, verunreinigte Luft entführt und daß er dir neuen Lebensatem schafft.

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