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man ißt, und jagt die Schatten übers Licht, dessen man sich freut, und wirft alle Lust um, die man sich erlaubt, und über dem Leben stehen die schwarzen mächtigen Wolken und eine Stimme ruft: über ein Kleines, so wirst du auch darankommen.

 Schämt euch der Furcht nicht, ihr Christen! Es ist eine knechtische Furcht, aber es ist eine Furcht, die den Menschen wieder auf die Bahn der Gottesnachfolge zwingt. Schämt euch dieser furchtbaren Gedanken nicht, daß der Richter vor der Türe steht mit dem verzehrenden Feuerblick, vor dem nichts bestehen kann! Und heiliget euch vor Ihm in Furcht und Zittern!

 In euren jungen Tagen komme die Angst, daß ihr über dies alles müßt Gott Rede stehen. In den Mittag des Lebens komme die Not: weh mir, ich habe noch wenig Jahre und dann ist alles vorüber. Und am Abend stehe die blasse Sorge: was werde ich heimbringen, wenn nun dieses Leben vergeht?

 Es ist noch nicht das Höchste, aber es liegt in dieser knechtischen Furcht so viel Schreck und Not und Angst, daß man wieder beten lernt: willst Du nicht, die wir durch Furcht des Todes im ganzen Leben Knechte sein müssen, uns erlösen!

 Wer mit der Kindesfurcht anfängt, der wird nicht fromm; denn Kindesfurcht entnervt, verweichlicht, verflacht. Und wer immer mit der Erlösung sich tröstet, der kommt nicht heim. Wir müssen zuvor die Höllenfahrt antreten, ehe wir das Kreuz umfassen und sagen dürfen: rede durch Dein Stillschweigen, liebster Jesu, mir das Wort! Wir sollen Gott fürchten im Schrecken seiner Gerichte, in der Angst seiner Strafen, in der Furchtbarkeit der Einsamkeit, bis wir wieder den Saum seines Kleides anrühren dürfen: Du hast doch eine große Tat getan, daß wir uns nicht noch einmal fürchten müssen. Du hast einen kindlichen