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meines Lebens zu werden und er betrügt mich. Sünde ist nicht ein Nichts, sondern eine willentliche Einigung mit dem Feind meiner Seele: sei du meine Hilfe!

 Wenn du diese Frage also beantwortest, dann lasse mich die zweite an dich richten: Was hält dich von der Sünde ab? Und auf Grund der Erklärung Luthers nenne ich ein dreifaches: Knechtesfurcht, Kindesfurcht, Mannesfurcht.

 Knechtesfurcht zuerst. Denn unser Gott ist ein verzehrendes Feuer. Du Mensch behütest deinen Leib vor Üppigkeit im Essen, Trinken und in der Kleidung, du hältst ihn auch von groben Sünden des Fleisches frei, weil man dir sagt und weil es deine Erfahrung dich lehrt, daß aus der Üppigkeit und Unreinheit böse Krankheiten, hartes Siechtum und ein schweres, einsames Alter folgt. Du wirst selbst sagen: das ist noch kein Grund reiner Art, das ist Knechtesfurcht. Weil du weißt, daß Gott die Sünden gegen den Leib mit furchtbarem Ernste heimsucht, Unreinheit der Jugend mit langsamem Ausdorren des Leibes bezahlt, darum nimmst du dich in Zucht und acht. Und du hältst deine Hand von fremdem Gut zurück, weil du weißt, es kommt doch an den Tag: dein guter Name geht dir verlustig, deine Ehre fällt dir dahin. Es ist nicht die Furcht vor dem treuen Gott, sondern die knechtische Furcht vor dem strengen Herrn, der alles an den Tag bringt. Du willst auch darum mit der Wahrheit es ernst nehmen; du willst darum auch den Feiertag in Ruhe verbringen, damit dein äußeres Leben nicht frühzeitig abgenützt werde. Ist das wirklich ein sittlicher Grund, um deswillen man die Sünde meidet? Im tiefsten Hintergrund steht die knechtische Furcht, daß der Herr eintreten und dich vernichten möchte. Und doch, besonders bei der Erziehung möchte ich diese knechtische Furcht nicht missen. Wollte Gott, unser Volk hätte mehr davon! Es ist nichts Reines, aber etwas Gutes; nichts Edles, aber etwas Sicheres: