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seinen, kein anderes Wort bleiben läßt, als das ihm gemäße und seiner würdige, keine andere Tat als vollwertig einschätzt, wie die in seinem Geist geschehene; oder Er hört auf damit der selbständige, damit der persönliche, damit der lebendige Gott zu sein. In der Stunde, in der Gott Gedanken, die ihm nicht gefallen, neben seinen Gedanken gelten ließe, Worte, die ihm nicht eingehen, neben seinem heiligen Wort bestehen ließe, Werke, die ihm nicht gefallen als gleichwertig den eigenen ausgäbe, wäre Er nicht mehr der heilige Gott. Weißt du, daß dann auf der ganzen Welt keiner mehr rein ist, daß nicht bloß du und dein Geschlecht, deine Vorfahren und deine Nachkommen in Sünden empfangen und geboren sind, sondern, daß auch Er nicht mehr heilig wäre? Weißt du, was das ist? Wenn du, der du längst in der Höhe deiner Jahre bist, überdenkst, was es für ein Schmerz war, geliebte Menschen, deine Eltern, eines Fehlers überführen zu müssen, und wie lange du dich gesträubt hast, bis du zugabest: auch meine Mutter ist unwahr gewesen, so kannst du etwa ermessen, was es heißt: auch Gott ist nicht mehr rein. Dann ist die Erlösung nicht, aber auch die Strafe nichts und das Wiedersehen mit ihm ist keine Freude, sondern erneut nur den Schmerz und macht ihn scharf. Und worauf freust du dich dann und was ist der Wert deines Lebens? Aus der Unreinheit gehst du zu dem Unreinen hin. Wenn Gott nicht heilig ist, ist er auch nicht mehr persönlich. Denn nur so weit ist der Mensch persönlich, als er das, was er sein soll, ist. Der Sünder ist keine Persönlichkeit sondern deren Karikatur. Denke dir, Gott wäre nicht sündenfrei, so würde Er allmählich aufhören ein heiliger, reiner Charakter zu sein. Sein Bild bekäme Schatten, Lücken und wer bürgt dir dafür, daß dieser Zersetzungsprozeß einhält? So wenig ein geliebtes Menschenbild unter der Erde der Verwesung standhält, so wenig dieses geliebte Menschenbild seine ursprüngliche Art