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 Ja, was soll denn ein Mann tun, wenn die Unrechte Begehrlichkeit in ihm erwacht, wenn er, an einen ungeliebten Menschen gebunden, hoffen dürfte, durch einen andern glücklich zu werden? – Er wähnt es nur, es wird ja doch nicht so. Was soll er tun, wenn er, aus einem kurzen Taumel verhängnisvoller Täuschung erwacht, sein Leid als ein lebenslängliches anerkennen muß, während ihm vielleicht auf andere Weise ein sonniges, freundliches Dasein beschert wäre? Kann der Christ noch fragen, was er tun soll? Gürte das Schwert um und nimm das Kreuz! Das Schwert, mit dem man Feinde erlegt, das Gotteswort, mit dem man schwüle Nebel zerteilt und vertreibt, und den Gehorsam, der das schwerste Kreuz, das ein Mensch tragen kann, das Hauskreuz, aus der Hand des treuen Gottes nimmt: Er wird es nicht zu schwer machen den Schultern, die es willig tragen.

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 Seht, und was soll eine Frauenseele machen, wenn sie sich, wie unser Volk so fein sagt, ein Leid sieht? Ich denke, du wirst oder bist vielleicht Zeuge eines reinen Familienglückes. Du kommst vielleicht in den Tagen deiner Erholung, bei deiner Lektüre zum Anblick eines wirklich reinen, gottgesegneten, gottgeordneten häuslichen Lebens. Und du kommst dir dann so einsam vor, so unverstanden und so verlassen. Dein Leben erscheint dir auf einmal so wertlos, dein Dasein so ohne Bedeutung, deine Arbeit so ins Allgemeine gehend, an Fremde dich weisend, – gerade die Frau möchte sich für bestimmte Aufgaben verzehren – was sollst du tun, wenn du dir so ein Leides siehst, wenn es durch deine Seele wie ein Heimweh, wie ein Verlangen, nicht nach einem Verlorenen, sondern wie nach einem nie gekannten Glück geht? Es gibt kein anderes Mittel als das einfache Gebet: Auf dein Wort! Man kann hier nicht barmherzig genug urteilen, nicht mild genug zureden und nicht gütig genug zum Schweigen bringen, damit dieses lichte Bild nicht zu groß und dieser frohe Gedanke nicht