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Sechstes Gebot II.
Du sollst nicht ehebrechen!

 Wir sollen Gott fürchten und lieben, daß wir keusch und züchtig leben in Worten und Werken und ein jeglicher sein Gemahl lieben und ehren.

 Ich bitte nicht, daß du sie von der Welt nehmest, sondern daß du sie bewahrest vor dem Uebel. Sie sind nicht von der Welt, gleichwie ich auch nicht von der Welt bin. Heilige sie in deiner Wahrheit, dein Wort ist die Wahrheit. Joh. 17, 15–17.


 Ihr werdet euch erinnern, daß wir in der letzten Betrachtung über die Pflichten der Verlobten und der Eheleute redeten, soweit es uns an diesem Orte und in dieser Stunde ziemt. Vielleicht hat die Kirche Luthers aus der heiligen Scheu heraus, zu viel zu reden, zu wenig gesprochen und die Pflicht der ehelichen Treue und des ehelichen Ernstes zu wenig eingeschärft. Wer, ich wiederhole das, Gelegenheit hat, in die Fülle der zerrissenen, der zerklüfteten, gefährdeten und zerstörten Ehen Einblick zu tun, muß fürchten, daß unserm Volk von dieser Seite her die schwerste Gefahr erwächst. Wenn zwei Menschen einander täuschen, ist es immer ein Beweis, daß sie nicht recht zu dem Heiligtum Gottes stehen. Christen tragen einander, wenn es auch unerträglich scheint; verstehen einander, auch wenn es kaum mehr zu verstehen ist; lieben einander, weil sie miteinander leiden, und beten für einander, bis sie einander lieben. Es gibt auch christliche Ehen, die nicht von Gott geschlossen waren, zu denen flüchtige Neigung oder rein vernunftgemäße Überlegung führte, und die