Seite:Hermann von Bezzel - Die zehn Gebote.pdf/190

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

 Seht, sobald in einer Ehe die Klage anhebt, beginnt die Anklage und sobald die Anklage anhebt, beginnt das Mißtrauen und wenn das Mißtrauen einkehrt, dann kommen die verregneten und verhagelten und trüben Tage, da man am Morgen bittet: ach, daß ich doch den Abend nicht mehr erleben möchte! und am Abend seufzt: ach, daß doch diese Nacht die letzte wäre!

.

 Man kann sich in der Ehe zum Himmel bereiten und die Hölle verdienen. Glaubt es, die erste Klage ist die erste Anklage und die erste Anklage ist das erste Weh. Wenn du dem Gatten nicht mehr trauen willst, oft vielleicht enttäuscht nicht mehr trauen zu können vermeinst, – bar der Liebe Christi, die dir immer wieder traut –, wenn du ihm ängstlich nachblickst, ängstlicher nachfragst oder gar dir über ihn allerlei zutragen läßt, dann ist deine Ehe auf den Tod zerstört und wenn sie auch wieder dürftig zusammengebracht würde. Ein Band, das, zwei- und dreimal zerrissen, mühsam zusammengenäht wird, reißt beim letztenmal so, daß keine Naht mehr hilft. Seht, wenn ihr Mißtrauen findet – so weit dieses Wort hier Raum hat und vielleicht über diese bescheidenen Mauern hinaus Raum findet –, wenn ihr Mißtrauen hegt im Herzen, so rastet nicht, bis die bittere Wurzel ganz ausgerissen ist, und gesteht das Mißtrauen dem, gegen den ihr es hegt. Solche Sünde bringt man nur aus der Seele, indem man sie beichtet, indem man sie gesteht! Sagt es dem Manne, sagt es, ihr Männer, den Frauen, wenn und was ihr Mißtrauen habt. Durch das Bekenntnis wird das Unrecht gebüßt. Ach, wieviel, so darf ich nun weiterfahren, muß man in der Ehe erlernen und verlernen! Erlernen: tragende Geduld, wartende Stille, alles zum Besten kehrendes Vertrauen, hoffenden Mut, Demut, die doch nicht knechtisch ist, stille, schweigende Gelassenheit. Und wieviel muß man verlernen: Betonung des eigenen Willens, Hervorkehren des eigenen Behagens,