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der Reinheit, laßt mich nun vom Eheleben ein wenig sprechen:

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 Was ist die Ehe? Die höchste Gemeinschaft zweier Menschen zum Zwecke, die Kirche Gottes zu bauen auf Erden und sich selbst zur Seligkeit zu fördern. Ich denke, damit sind alle einverstanden, die für Eheleute beten oder die als Eheleute leben oder lebten. Die höchste Gemeinschaft zweier Menschen. Unser Herr sagt: Sie werden beide sein ein Fleisch. Alles das, was die äußere Seite der Ehe ist, all das Leben füreinander, schrankenlos und uneingeschränkt, nur von der Furcht Gottes regiert, lassen wir jetzt zur Seite; sondern darnach fragen wir: wie fördern sich Eheleute? Indem sie sich erziehen! Eheleute müssen sich erziehen, weil ja der Mann in der Ehe erst voller Mann und das Weib erst in der Ehe ganz Weib wird. Wie der Herr sagt von der gegenseitigen Erziehung Gal. 6: Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. Diese Worte stehen über der Pforte, über der schönen Pforte der Ehe: Einer trage des andern Last. Man frägt manchmal: soll die Verlobungszeit lange währen, daß man sich kennen lernt, oder soll sie nicht so lange sein, soll sie kurz sein und dann hernach erst das Sichkennenlernen folgen? Ich wage darüber keine Entscheidung; das muß die einzelne Seele mit Gott und den obwaltenden Verhältnissen ausmachen. Im ganzen warnen unsere Väter vor langen Verlobungen, daß man, sagen sie, nicht einander müde wird, ehe man nur recht miteinander lebt. Aber so nun soll der Mann seine Gehilfin erziehen, daß sie nicht seine Sklavin wird und nicht seine Herrin sei; beides ist vom Übel. Gewaltige Männer, willensstarke Persönlichkeiten, noch mehr aber Männer, die ihrer und ihres leiblichen Lebens nicht mächtig sind, entwürdigen und entehren das Weib zur Sklavin der Laune. Und das Weib sinkt dann unter seine göttliche Bestimmung herab, lernt