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indem du einen Gedanken an „damals“ zurückdrängst und zurücktreten lässest, aber du kannst nicht vergessen. Wie wenn Flecken auf einem Tuch, von der Sonne beglänzt, wieder plötzlich zutage treten, so braucht auf deine innerliche Verstimmung nur irgendein Licht fallen und es glänzt dein Ärger wieder hell.

 Ach, wieviel Unrecht tun wir durch unser Nachtragen! Die Liebe rechnet nicht das Böse nach, außer daß sie sagt: siebzigmal siebenmal will ich vergeben. Es ist merkwürdig, wie die höchste Kraft der Christusnachfolge und die schlimmste Gewalt der satanischen Bitterkeit ganz nebeneinander wohnen, so hart beieinander, daß man es kaum immer unterscheiden kann, wenn man nicht auf den Grund geht. Das geschieht aber so: kannst du für einen Menschen von Herzensgrund beten und für einen Menschen, der dir weh getan hat, von Herzensgrund hoffen? Wenn du das kannst, dann kannst du nachtragen, alles nachtragen, brauchst nichts zu vergessen; denn du hast es dir nur gemerkt, um ihm wohlzutun.

 Wie oft hat der Neid deines Nächsten Wesen und Leben vergiftet und verheert! Der Heiland spricht von den Feinden, bösen Nachbarn, die Unkraut mitten unter den Weizen säten; nicht an des Weges Saum, nicht an des Ackers Grenze, sondern mitten darein. Wenn nun der Herr des Ackers sich des ausgehenden Samens freut, findet er mitten darin das Unkraut und wird sich bitter darüber grämen. Wie hat dein Neid oft mitten ins Glück deines Nächsten, in die Freude, die er dir arglos gestand, die er dir freundlich mitteilte, allerlei Unkrautsamen gesät! Von deinem bitteren Antlitz ging es wie Schatten über sein junges Glück; von deiner scharfen Miene ging es wie ein Weh über die junge Lust, an der er sich eben ergötzte. Eine einzige Bemerkung, ein einziger Zug in deinem Antlitz – und du hast es ihm schwer gemacht. Das böse Auge, nennt es der