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hinweise, der verraten und verlassen ist von den Töchtern, für die er alles wagte. Wir, die wir auf dem Lande aufgewachsen sind, wissen, welch ein Weh dem Worte innewohnt: Austrag – Altensitz, wenn nun die Eltern wieder die Knechte und Mägde ihrer Kinder werden müssen, damit sie ihr täglich Brot, dürftig genug bemessen, verdienen. Wir können wissen, welch ein rauher Wind über die Eltern und ihre greisen Häupter dahingeht, wenn sie einmal nicht mehr verdienen und arbeiten können. Und in den sogenannten gebildeten Ständen? Wie leicht ist die Pietät gegen die Eltern vergessen! Wie wird das scherzende Wort, das zunächst harmlos gemeint ist, vergiftet und welche Wunden schlägt’s, weil man und wenn man über die Schwächen der Eltern sich allerlei Bemerkungen erlaubt und sich ihnen entzieht, weil sie grau und müde werden, oder ihrer sich entschlägt, sobald sie hingezogen sind.

 Ach, das ist rechte Pietätspflege, daß man das Andenken der Eltern auch dann noch treu und ernstlich pflegt, nachdem sie längst uns genommen sind, wenn wir ihnen in die Ewigkeit den Dank der Treue nachrufen und unser Leben so gestalten, wie es nach ihrer Meinung und in ihrem Sinne werden sollte; daß wir unsere Eltern nicht verachten noch erzürnen, sondern sie in Ehren halten, bis wir selbst draußen sind, und ihr Bild wohl pflegen und ihr Andenken wohl schmücken und ihrer in unserem Danken gedenken und ihrer uns in unserer Nachfolge freuen.

 Ihnen dienen, gehorchen, sie lieb und wert haben. Pietät braucht kein Gesetz, sondern ist der unmittelbare und eigentliche Takt der Seele. Pietät braucht keine Vorschrift, sondern ist der zarte Hauch andenkender Treue. Pietät ist dieser innige Zusammenschluß der Gemeinschaft der Heiligen, derer, die noch kämpfen, mit denen, die überwunden haben, derer, die noch leiden, mit denen, die triumphieren. Pietätspflege! O wie möchte man dies