Seite:Hermann von Bezzel - Die zehn Gebote.pdf/140

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gewöhnen, ihnen äußerlichen Takt zuführen, kann sie schicklich und recht sich benehmen lehren, aber das Herz der Kinder gewinnt er nie und das Herz Gottes hat er verloren.

 Wer erziehen will, der bete jeden Tag, daß er ein rechtes Vorbild sei, ein Mensch Gottes, zu allem guten Werk geschickt! Was können die zu Erziehenden dafür, wenn du im Leid bist, im Kreuz stehst, in Krankheit dich findest? Warum sollen sie es büßen, wenn dir es schwer ist? Darum, wer erziehen will, der sei freudigen Geistes, daß ihm Gott der Herr ein solch Ehrenamt und solch priesterliche Gewalt gegeben und für dieselbe nur eine einzige Prüfungsfrage verordnet hat: Hast du mich lieb?

 Ach, daß unsere Lehrer in den Schulen, die sich so beeifern, ihre Kinder mit allem Wissenswerten bekannt zu machen, diese Frage des königlichen Meisters so gern und so leicht überhören! Noch ehe du die Türe zur Schule öffnest, laß dich von dem Hirten und Bischof deiner Seele, von Jesus Christus fragen und mahnen: Hast du mich lieb? Und wenn du dann, zögernd, zaudernd, zagend, ängstlich, dem beichtest, der alle Dinge weiß, deine Lauheit, deine Leerheit, deine Torheit und deinen Eigendünkel, dann sprich, wenn auch zaghaft, doch aus tiefstem Grunde: Herr, Du weißt, daß ich Dich lieb habe! Und dann gehst du als ein neuer Mensch über die Schwelle: Weide meine Lämmer!

 Seht, wenn unsere Lehrer und Lehrerinnen, unsere Erzieher und Erzieherinnen wüßten, daß sie all die Kinder dem Erzhirten zuführen müssen, dem Erzhirten, der sie mit seinem heiligen, teueren Blute erlöst und sich zugeeignet hat, dir aber gönnt, sie ihm zu weiden, dann würden vielleicht weniger Bücher über Erziehung geschrieben und weniger Geistreichigkeit an die Lösung erziehlicher Fragen verschwendet, aber die ganze Erziehung würde dann vielleicht wie aus einem Guß und einem Gang: „Daß