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läßt. Es ist eine ebenso blöde als sündige Frage, wenn das Kind darüber zur Rede gestellt wird, wen es lieber habe, den Vater oder die Mutter. Es ist ein Raub an der Einfalt und an der Schuldlosigkeit des Kindes. Und das Beste müssen immer die Eltern dazu tun; denn das vierte Gebot richtet sich im letzten Grund doch an die Eltern.

 Vater, bist du deines Kindes Vater? Es heißt ja nicht: Du sollst den Vater ehren, sondern deinen Vater und deine Mutter. Vater, siehst du das Kind als dein Kind an, in dem dein Gott dir eine Majestät von Liebe geschenkt hat, in dem Er dir einen Liebesgedanken in die Hand und aufs Herz gelegt hat? Einen Liebesgedanken, so sinnig, wie ihn nur Gott erdenken, so sonnig, wie nur die ewige Liebe ihn schenken kann. Vater, als du das Kind zum erstenmal erblicktest, dein Kind, hast du daran gedacht, wie über diesem Kinde der uralte Schöpfersegen wacht und groß und laut wurde? Vater, hast du daran gedacht, daß für dieses Kind ein himmlischer König sein Wort verpfändet und seine Ehre daran wagt, Er will erhalten, was Er erschaffen, Er will geleiten, was Er geschenkt hat. Vater, dein Kind! Hast du das bedacht, als in der heiligen Taufe mit Wasser und Wort dieses Kind in die Gnadenarme und in den Gnadenrat des dreieinigen Bundesgottes eingefriedigt, eingesenkt ward, als es dem, von dessen Herz es gegangen war, wieder ans Herz gelegt ward? Sorge, segne, vergib, begnade es, heile und heilige es und führe es endlich in die Heimat, aus der es stammt und in die es gehört! Vater, dein Kind! Kind, dein Vater! In dem Wort: Du sollst deinen Vater ehren! liegt doch eine wundersame, aus der Ewigkeit stammende Ermahnung an den Vater: siehe doch dein Kind an, was es dich lehrt!

 Und du, Mutter, dein Kind, für das du hast beten sollen, ehe es das Licht der Welt erblickte, dem du heilige, heilsame Eindrücke geben solltest, ehe es diese Welt sah. Dein Kind,