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Diese Entschuldigung ist sowohl ein Trost für mich selbst, als für die große Menge meines Volkes. Wo vielleicht jemand jahrelang in Unzuchtsbanden gestanden, soll man wissen, – ehe ich einen solchen Menschen verurteile – wie er unter der brutalen Gewalt des Verführers gelitten hat. Wenn ich damit mich getröste, nicht diese Seele, so spreche ich: „Tue, Herr, an ihr Barmherzigkeit, du weißt ja auch, wo sie gewohnt hat.“ Oder, wir sind selbst auf einsamen Pfaden unter schweren Verhältnissen: dann dürfen wir uns nicht mit den Verhältnissen entschuldigen; wir haben kein Recht dazu. Aber, weil Er die Liebe ist, darum dürfen wir glauben, daß er es tut, weil es so schwer ist, in schlimme Verhältnisse das Wort zu bringen und rein zu bewahren. Es ist wohl richtig, daß es keine Kunst ist, unter Frommen fromm zu sein. Aber wir wollen doch nicht frömmer sein als der Herr, sondern ihm danken, daß er von erschwerten und erleichterten Heiligungskämpfen wohl weiß. In unseren Herzen muß der Kampf ausgefochten werden, welchen die, so nach uns kommen, im Leben auszukämpfen haben. Die Kämpfe mit einer einheitlich geschlossenen Weltanschauung müssen wir in unsern Herzen durchleben. Der Trost soll uns sein: „Ich weiß, wo du wohnst, da des Satans Thron ist.“ Wie dort in Pergamus das Heidentum, so ist jetzt unter uns die eigentliche Zentrale, der Mittelpunkt, die widerchristliche Weltanschauung. Was der Thron des Satans unter uns sein mag? Ob es der Hochmut ist, diese satanische, furchtbare Gefahr, welche so leicht den Christenmenschen beschleicht, oder ob es die fleischliche Sicherheit und Trägheit ist, was unter uns den Satan