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spricht: „du bist reich“ und hebt dadurch mit souveräner Gewalt alles Menschenurteil auf. Ach, daß wir es wüßten, wie das Menschenurteil so gering ist, wenn die Schmeicheleien des Lebens uns umtönen und die Huldigungen uns umrauschen. Der Herr, der Lorbeerkränze gewunden sieht, – Anerkennungen, die ihren Wert längst verloren haben, weil schon viele Tausende vor uns sie bekommen haben und Tausende nach uns sie bekommen werden – wird sie alle verwelken lassen. Ach, daß wir, wenn wir einmal in dieser Sonne uns wärmen möchten, die so kalt ist wie die flitterige, die auf dem Theater aufgeht, es dann erkennen möchten: Jesus hebt Menschenurteile auf; aber wenn alles sich gegen uns wendet, dann spricht er: „du bist reich.“ Erst dann, wenn ein Mensch in der vollkommensten Armut sich befindet, daß ihm nichts mehr munden, nichts mehr Freude machen will, erst wenn alle Genüsse dieser Welt seinen Hunger nicht mehr stillen können, erst dann erfährt er das Wort: „Du bist reich!“ Es ist etwas Großes um das Urteil Jesu Christi und jetzt schon werden wir einen Vorschmack von dem haben, was er einst sagen wird und welche Überraschungen er seiner Gemeinde einst vorbehalten hat. Wie wird gar manche Seele, die hier im geistigen und geistlichen Ueberfluß schwelgte, droben der Brosamen begehren, die von ihres Vaters Tische fallen, und sie nicht erhalten. Wie wird manche, die hier kaum ein Wort der Freundlichkeit erfahren hat, droben sehr reichlich getröstet werden! Sollten wir nicht darum bitten, uns die Gabe erflehen, daß wir dazu helfen können, die Reichen arm und die Armen reich zu machen, ja bitten um die Sonne der Klarheit, daß wir