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verheißt keine Ruhe, wie der Mensch manchmal sie erträumt, aber Freiheit von dem, was unruhig macht, von der Sünde. Wie wird es uns einst sein, wenn wir durch seine Gnade vom Baum des Lebens essen werden, vom Holz essen werden, das im Paradies Gottes ist, vom Lebensholz! Hier haben wir uns immer wieder an den Früchten der Welt den Tod gegessen. Wie wird es dann sein, wenn der Baum der Erkenntnis und des Lebens uns gleichmäßig zugedacht und zugeneigt ist. Ein solcher Gedanke ist groß genug dies ganze Leben zu erfüllen und zu beherrschen. Darum beten wir ja auch: „Mach immer süßer mir den Himmel und immer bitt’rer diese Welt. Gib, daß mir in dem Weltgetümmel die Ewigkeit sei vorgestellt.“[1]Er selbst will’s geben, er will geben vom Lebensbaum die Lebensfrucht, wie er hier auf Erden vom Stamme des Kreuzes die Früchte seines bittern Leidens uns dargereicht hat. Er will uns nichts mehr vorenthalten, nichts mehr verwehren; denn wir haben schwer daran getragen, daß wir nach verbotenem Gute die Hand ausgestreckt haben. So endet dieser Brief mit dem Frühling nach dem Tod, nachdem er den Frühling mitten im Tod von uns verlangt. Der die erste Liebe ins Herz gegeben hat und alle ihre Lebensgüter, will vom Lebensbaum auch die letzte Liebe uns schenken. Er will uns das Höchste erst geben, obgleich er als der Erhöhte jetzt schon auf unseres Lebens Bedürfnisse eingeht; denn wir sind zu Freuden angelegt und unsere Seele ruht nicht eher, als bis sie sich freut. Sie kann nicht zu ihrem Frieden kommen, als bis sie froh wird in ihrem Herrn. So wollen wir bitten, daß er in dieses arme Leben den Glanz der Paradiesesfreude senkt, in diese arme, ungenießbare

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vgl. Æmilie Juliane von Barby-Mühlingen im Lied Wer weiß, wie nahe mir mein Ende (EG 530) in einer im EG nicht abgedruckten Strophe.