Seite:Hermann von Bezzel - Der Dienst des Pfarrers.pdf/99

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sich Weg und Wetter nicht verdrießen lassen, auch zu den Unkirchlichen, ja gerade zu ihnen zu gehen, Anknüpfung suchen, zum Besuch einladen und kein Mittel unerprobt lassen, das seines Herrn Absichten fördern könnte. Der Bauer will verstanden sein; bei seinem tiefeingewurzelten Mißtrauen gegen alle Höheren, bei der Rückhaltigkeit und Verschlossenheit seines Wesens ist ihm schwer beizukommen. Er hört an, scheint zuzustimmen, bleibt aber bei seiner Meinung. Da gilt es die Kunst, ihn reden zu lassen und von ihm zu hören, seine Sorgen und Gedanken zu vernehmen und aus ihnen zu lernen. Es kommen Gelegenheiten herauf, die ein Gotteswort ihm näher bringen. Hat er nicht noch Erinnerungen an bessere Tage, kennt er nicht noch Höheres als den mühsamen Erwerb? Durch die Schule wird auch in der Großstadt manches Haus geöffnet. Der Besuch bei den Eltern der Kinder, der Konfirmanden, in Kasualfällen tut manche Türe auf. Von Anfang an die Pflicht unerfüllt und die Mühe unversucht lassen ist freilich einfach, bewahrt vor vielen unangenehmen Erfahrungen, ist aber Versäumnis und bringt Schuld. Gerade in den Häusern, zu denen man sich’s am wenigsten versehen hat, bei den kleinen Leuten, den Arbeitern findet man am ehesten Eingang. Wer das Herz des Kindes sucht, findet das der Eltern. – Wenn schweres Unrecht, lange gepflegte und genährte Feindschaft, böse Gerüchte, insonderheit von Sünden gegen das 6. und 7. Gebot an den Pfarrer herandringen – er aber hüte sich, Zuträger heranzuziehen und Zuträgereien zu glauben – dann gehe er unverzagt dem Strafamte nach. Das rechte Wort wird nicht dem Erschrockenen gegeben, sondern dem, der