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scheidet und in ein Scheinleben führt, das unter dem Verdikt des Pauluswortes steht (Gal. 1, 10). So entstehen die Lieblingswendungen in den Predigten, die Lieblingsworte und die Lieblingsbilder, die im Zeitalter der Freiheit zum Formelhaften verkühlen und erstarren, („von heiliger Stätte grüße ich dich, Gemeinde des Herrn, mit heiligem Gruße“), es kommt eine neue Welt von Ausdrücken herauf, die der edlen geistlichen Beredsamkeit fremd sein sollte, der Fischer- und Zimmermannsstil Zinzendorfs feiert seine Auferstehung, der Feuilletonstil mit seinen geistreichelnden Aphorismen, mit den gesuchten Antithesen, kurz alles, was anzieht, ohne den Willen zu beanspruchen, wird erkoren. Und zu den äußerlichen Konzessionen an den Zeitgeschmack treten bald die inneren: man hält Gottes Wort für gebunden, sich aber nimmer an seine Autorität, hebt Apologien an, die das zu Beweisende beiseite lassen und das Bekannte und Zugestandene emphatisch verteidigen, will dem Verstande nahe bringen, was nur der Glaube fassen kann, wirbt in gesuchten Ausdrücken und Anreden an die lieben „Freunde“ oder an „die andächtige Gemeinde“ – beides soll sie erst werden – um die Gunst. Da man seine Zuhörer genau kennt und vor dem heiligen Gott, dem Feinde alles Scheinwesens und der Phrase, ja der frommen zumal (Jak. 3, 9 und Matth. 5, 37), sich nimmer scheut, wird man sicher und verfällt in das Gericht der Leerheit.

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Wenn dann eine ernste Kritik das verwöhnte Wesen trifft, dann kehrt Bitterkeit der Überhebung und Anklage auf Mißgunst und Neid ein. Gott aber widersteht