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auf der Kanzel „auftaucht“, etwa um den erziehlichen Wert des Leidens zu versinnlichen. Der Wissende kennt die Ballade und wird in Gedankengänge gedrängt, die der Andacht nicht förderlich sind. Auch kann man füglich die Faustzitate an Ostern missen, deren Ruhm allmählich nicht mehr fein ist. Und wenn über die Kriegsdauer etwa mit „laßt es genug sein des grausamen Spiels“ geredet wird, so ist dies nicht recht. Wir hören jetzt in bunter Reihe Hebbel und Hauptmann, Sudermann und Tolstoi, Nietzsche und Schopenhauer, den Sonnenhymnus des Franziskus und Dantes göttliche Komödie, Schüler und Gerok zitiert, immer mit der Einleitung „bekanntlich“, was eine Verbeugung gegen die Unkenntnis der Zuhörer und darum eine der Kanzel fern bleiben sollende Unwahrheit ist. Man wird sagen müssen: In Zitaten sei weniger mehr! –




Kapitel V.
Die Art der Predigt.

 1. Die äußerliche Art. Der Gang zur Kanzel, der nach richtigem Verstande evangelischen Gemeindeempfindens durch die Gemeinde führen soll, sei ernst und würdig, einfach und andächtig, ohne gesucht zu sein. Mörike hat in seinem „Sehrmann“ die Eitelkeit des Kanzelschrittes gegeißelt. – Der Amtsträger weiß, daß bald viele auf ihn hören werden, denen er gesunde, nahrhafte Speise, nicht geistvolle Kauserie bieten soll, wird