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was er hat, werde dann durch Frage und Gegenrede Aussprache gehalten. Dann mag noch der brüderlichen Aussprache ihr Recht sein, zu der übrigens auch sonst Raum und Gelegenheit genug wird. Und zu guter Zeit eile man der Heimat zu; das alte Residenzgesetz will die Gemeinde immer „unverlassen“ haben.

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 c) Ob der Geistliche politisieren, tanzen, ins Theater gehen, etwas „mitmachen“ darf? Daß er seine an Gottes Wort sich prüfende, aus der Geschichte und ihren Lehren zu bemessende, persönliche Überzeugung in öffentlichen Fragen sich bildet, bewahrt und vertritt, ist nicht nur Recht. Aber von der politischen Arbeit halte er sich ferne, um der Gemeinde und dem πολίτευμα ἐπουράνιον recht dienen zu können. In den rein technischen Fragen aber bescheide er sich und denke an Jesu Wort: Luk. 12, 14. – Wir kennen den Präzisionismus des alten Pietismus und teilen ihn nicht, aber wir fragen billig, ob der Mann, dem die Sorge für Seelen anbefohlen ist, für die er einst Rechenschaft geben soll, nicht zum Vergnügen Zeit, aber ob er daran noch Lust hat. An sich ist der Besuch eines Festes der studentischen Korporation, der er einst angehörte, dem Pfarrer nicht zu mißgönnen, er trifft alte Freunde, pflegt gesegnete Erinnerungen, zeigt den Seinen die Stätten seiner Jugend. Und doch ist zu fragen, ob solche Festlichkeiten nicht in die νήπια hinüber führen können, die der Apostel ἀνὴρ γεγονώς ablegt? Der tanzende Pfarrer hat gewiß den Ruhm der Weltoffenheit und Weitherzigkeit, und der Makel des frömmelnden Schriftgelehrten fällt nicht auf ihn. Wer dann die Krankenbetten, die Sterbelager in der Gemeinde, die Sonntage