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des anderen Gewissen, da lebt man nicht vom Lobe, sondern von der Prüfung, was etwa Tugend und Lob sei, da sagt man sich die Wahrheit und kommt im Gericht einander näher, da ist die Liebe Königin des Hauses, nicht die verzärtelnde Schwachheit seine Tyrannin. Von solchem Pfarrhause, das sich in gottgeordnete Grenzen und Schranken mit Freuden fügt, das die kleinen Freuden als Würze des Lebens dankbar begrüßt, ohne die fehlenden Äußerlichkeiten zu vermissen, geht eine stille Predigt nicht nur durchs Dorf, sondern durchs Land. Dieses Haus ist ein Bethaus, von der Heiligkeit der Gottessatzung umhegt, vom Ernst des Gottesgebotes erfüllt, von der Freude am Herrn geadelt und verklärt. In dieses Haus kommt das Anliegen gerne, spricht sich wohl auch bei der Ehefrau aus, die für das Kleinste Verständnis hat, wie es denn das edelste Vorrecht der Frau ist, zu erlauschen und zu erfassen, und findet Trost und Rat. Die Ewigkeit wird es offenbaren, welchen Schatz Luther wieder erschloß, als er in den Frühlingstagen 1525 an die priesterliche Hand den Trauring streifte, nicht voreilig – ein Vierzigjähriger ist abgeklärt – aber in vollem Bewußtsein der Schmähung, der er sich aussetzte, und der Segnung, die Gott in Aussicht genommen. Vor unsre Augen tritt die erlauchte Reihe der Pfarrersfrauen, deren oft die Welt nicht wert war, der stillen Dulderinnen, der wortlosen Kreuzträgerinnen, die, von Sorgen fast erdrückt, nur danken konnten und im ärmlichen Hause Licht und Wärme zu verbreiten wußten, für ihre Kinder bewahrende Engelsgestalten, erziehend und beeinflussend, ohne des Gatten Selbständigkeit anzutasten und in sein Amt sich