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bei ernster Arbeit, was noch Kraft und Freude wieder geben kann, oder im gesellschaftlichen Leben, an das er sich leicht verliert. Die ersten Jahre der Ehe werden die schwersten, und nur die Gewohnheit macht sie leichter. Wahrlich, es ist nicht immer so, es ist nicht häufig so, aber es ist so. Darum kann man die jungen Geistlichen nicht herzlich genug bitten, bei der Wahl ihrer Lebens- und Amtsgefährtin – denn eine σύνζυγος καὶ διάκονος mehr noch wie jene Phöbe aus Kenchreä soll sie sein – nicht auf äußere Vorzüge zu achten, sondern auf den Lebensernst und die Lebenshaltung. Bildung ist nicht Kenntnis etlicher französischer Phrasen und der Baustile alter und neuer Zeit, auch nicht der modernen und unmodernen Literatur, selbst nicht einmal der trefflichen und das Haus verschönenden und gerne verklärenden Musik, Bildung ist das Verlangen, dem Ernst des Lebens Kraft abzugewinnen und entgegenzusetzen, die Fähigkeit, auf fremde Interessen einzugehen, Lasten zu tragen und doch nicht zu ermatten, den Alltag zum Festtag zu erheben, das große sehnliche Heimweh, das die Welt liebt um des willen, der sie geliebt hat. Was an äußern Kenntnissen, deren Mangel ja nicht Norm und Erfordernis sein soll, abgeht, kann erstattet werden. Gemeinsame Lektüre der alten Hausbücher (etwa der Briefe Schleiermachers, Wilhelm von Humboldts und Bunsens, vorab der Briefe Luthers), der Geschichte gibt reichlich Belehrung. Aber auch wenn dies nicht ermöglicht werden könnte, daß nur Gebetsgemeinschaft besteht, die συμφωνία τῶν ἐπαινούντων καὶ ἐλπιζόντων, der Wetteifer, den Tertullian der rechten Ehe wünscht. Wo diese ist, da ist eines