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begegnen. Es ist dies eine Verbindung, wo man eins ist in dem Einen, die Verbindung von Glauben und Schauen. Es wäre ja trostlos über die Maßen, wenn ein geliebter Mensch in dem Augenblick, in dem er stirbt, einfach aus meinen Gedanken herausgerissen wäre; alles das, was ich an ihm gehabt, von ihm gelernt, mit ihm gelitten, von ihm erbeten, wiederum an ihm gefehlt habe, alles das wäre durch eine einzige Minute einfach ausgetilgt, und mein Leben wäre, nachdem eine Menge von Gedanken und Eindrücken hineinkam, verarmt. Das tut Gott nicht; sondern die Beziehungen, die vor Ihm bestehen, bleiben auch dann noch weiter. Denn ich glaube: Die Kirche wird ewig bleiben. Siehe, wenn du in einem Buche eines deiner Väter liesest, in dem Buche des seligen Thomas von Kempis, in seiner Nachfolge Christi, die nicht immer rein evangelisch ist, manchmal einen nicht lutherischen Zug aufweist, aber doch wunderbar ist, oder wenn du eines unserer herrlichen Lieder singst, so: „Laß mich Dein sein und bleiben,“ trittst du in die Gemeinschaft mit dem Dichter. So oft wir in der Passionszeit Paul Gerhardts herrlichen Choral: „O Haupt, voll Blut und Wunden“, singen, so tritt dieser Mann vor unser Auge, wie Bernhard von Clairvaux mit seinem Psalter auf den leidenden Herrn. Das ist die Gemeinschaft der Kirche, das ist der Katechismus, den meine Mutter nicht gelehrt, sondern gelernt hat, wie sie es von ihrer Mutter lernte; das ist die Biblische Geschichte, die meine Ureltern einst lasen und lernten, und ihre Seele genas. Und nun lerne ich sie und lehre sie den Kindern und trete so in die Gemeinschaft der Kirche. Das sind die alten Lieder und Gebete, – darum bin ich ein Gegner der so beliebten freien Gebete –, die man 300 Jahre nach Christi am Schwarzen Meere zum erstenmal betete. So oft ich das Gebet spreche: „Ich sage Dir Dank, Du wahres, ewiges Licht“ (Samenkörner des Gebets. Ein Taschenbüchlein für ev. Christen von W. Löhe. Buchhandl. d. Diak.-Anst.),