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sich trägt, mit sich selbst innerlich zerfallen ist und spricht: „Ich elender Mensch, wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes“ (Röm. 8, 24), der gehört zur heiligen Kirche, auch wenn du ihm jeden Tag einen Betrug nachweisen kannst. Es gibt Leute, die leben so peinlich korrekt, daß sie sogar zur Lüge zu bequem sind; es gibt Menschen, über deren Gesicht zieht nicht einmal ein ungutes Lächeln, so tugendhaft sind sie, und sie gehören doch nicht zur heiligen Kirche, weil sie mit sich zufrieden sind. Wer aber unter seinen Fehlern leidet, unter seinem alten Menschen seufzt, wer den Tag heransehnt und heranbetet, wo er von der Last des Ichs los wird, derselbige Mensch ist ein Glied der heiligen Kirche.

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 Wer ist denn heilig? Heilig ist einmal der, der von Sünde frei ist, und zum andern der, der von der Sünde frei sein will. Heilig sind die droben, die jetzt, weil sie gestorben sind, aufhören zu sündigen, und, weil sie hier gekämpft haben, droben zum Anschauen des ewig klaren Lichtes gelangt sind. Heilig sind die hohen Apostel, die ehrwürdigen Märtyrer, die treuen Bekenner, die seligen Frauen, die ihr Leben nicht geliebt haben bis in den Tod, alle die, die in Christo entschlafen sind, die sind heilig. „Was für ein Volk, was für eine edle Schar kommt dort gezogen schon? Was auf der Erd’ von Auserwählten war, seh ich, die beste Kron, die Jesus mir, der Herre, entgegen hat gesandt, da ich noch war so ferne in meinem Tränenland.“ – Und heilig sind die, die von der Sünde frei werden wollen. Daran kannst du dich selbst erkennen: Jeder Tag, an dessen Ausgang du dich mit der frohen Gewißheit zur Ruhe legst: Ich habe alles satt und bedarf nichts! ist ein verlorener Tag; jeder Tag aber, an dessen Abend du sagst: Mein Jesus, schenke mir Barmherzigkeit! ist ein gewonnener. Jeder Tag, an dem du dein Bild in deiner eigenen Herrlichkeit erblickst: „Ich danke dir, mein Gott, daß ich nicht bin wie andere Leute! (Luc. 18, 11) der ist ein Tag der Anklage vor