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eben weil ich Lutheraner bin und mit ganzem Herzen meiner Kirche angehöre, sagen: „Keine Kirche ist so tolerant, als meine. Ich sage nicht: Ich glaube eine lutherische Kirche, die glaube ich nie, sondern ich glaube eine apostolische christliche Kirche.“ Jeder, jeder, er sei nun römisch-katholisch oder reformiert, der mit mir letztlich sagt: Jesus Christus ist mein Herr, der mich erlöset hat! – der ist mein Bruder; selbst wenn er meine Bruderhand zurückstieße, er ist es doch. Jeder, der bei aller Scheidung von Kirchenmauern und Kirchengrenzen, bei all den verschiedenen Wegen: Rom, Wittenberg, Genf, sagt: „Siehe, wir gehen hinauf nach Jerusalem“ (Luc. 18, 31); „das Jerusalem, das droben ist, das ist die Freie, die ist unser aller Mutter!“ (Gal. 4, 26) ist in meinen Augen ein lebendiges Glied der heiligen Kirche. Seht, weiter wollte auch Luther nichts, als daß er alle, die Jesum lieb haben, zusammenschlösse.

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 Eine Kirche freilich – das ist ein Glaubensartikel; was wir jetzt sehen, spricht nicht für die Einheit, sondern gegen sie; denn es geht ein Streit durch die Welt, unter dem alle Christusfreunde schwer leiden, ein Streit, den wir nicht durch weltliche Maßregeln beseitigen können, auch nicht einmal beseitigen wollen, den wir tragen müssen; in der Sterbestunde wird es anders sein. Ich glaube eine Kirche, trotz aller Entzweiung, weil immer noch und immer wieder ein Grund vorhanden ist: Jesus Christus, der Gekreuzigte. Jeder, der mit mir die Kniee beugt, nicht weil er muß, wie die Teufel, sondern weil er will, als ein Kind Gottes, ist mein Bruder und meine Schwester. Jeder, der mit mir seufzt: „Der Du trägst die Sünde der Welt, erbarme Dich unser,“ ist mit mir innerlich verwandt. Dabei gibt es doch eine Menge Gegensätze und Widersprüche, und das ist gut so; ach, die können wir nicht austilgen. Aber desto enger wollen wir im Glauben uns verbinden und sprechen: Ich glaube eine Kirche; denn der Grund ist