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vergibt, daß Er mir an jedem Abend, wenn meine Rechnung nicht stimmt, wenn die Einnahme der Gnade und die Ausgabe meiner Freundlichkeit so gar nicht sich deckt, wenn ich die 10000 Pfund in unbewachten, unbenützten Augenblicken vergeudet habe auf der einen und verschleudert auf der andern Seite, einen großen Strich durch die Rechnung macht und darunter schreibt: „für ihn bezahlt“, daß Er jeden Abend die Summe meiner Leerheiten mit Seinem allerheiligsten persönlichen Wesen erfüllt und die Klagen des scheidenden Tages mit Seiner huldreichen Fürbitte schweigt und alle Zeugnisse meines alten Widersachers und Verklägers herrlich zurücktreibt und an jedem scheidenden Tag zu Seinem Vater sagt: „Laß ihn noch einen Tag stehen und noch den andern“ (Luk. 13, 8), „nimm ihn nicht weg in der Hälfte seiner Jahre!“ (Ps. 102, 25.) Das ist gewiß wahr. Und daß Er jedem Streiter, der sein junges Leben zum Opfer bringt, wenn die suchende Seele in der Stunde des Scheidens zu den Bergen der Hilfe flieht und der einzelne Geist in der Eile des Fortgehens Seines Gewandes Saum umfaßt: „Rette mich von meinen Widersachern!“ (Luc. 18, 3) – ihm die Hand auflegt und spricht: „Sei getrost, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.“ (Matth. 9, 2.) Und daß Er, so gewiß Er in der Nacht des Verrates unaussäglich litt und in der Stunde der Gottverlassenheit Seines Vaters Himmelreich verlor, mich aus der eisernen Gewalt meines ärgsten Feindes, der mich an sein Herz drückt: „Du bist mein, ich habe dich betrogen“ – herausreißt und spricht: „Weichet von ihm, er ist Mein, denn Ich habe ihn erkauft und getauft und erlöst und erworben und gewonnen.“ Das heißt, daß Er mir täglich alle Sünden, nicht kärglich, nicht ärmlich, nicht mit trübem Blick, sondern mit überquellender Gütigkeit vergibt. Und wenn ich jeden Abend sagen müßte: „Wiederum ein Tag vollbracht, wiederum ist’s Nacht geworden und ich hatte niemals acht, daß du bist mein Herr geworden,“ wenn ich an jedem Abend sagen muß: „Den Tag habe