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ist, dann denke daran, diese infernalische Zerstörungssucht, in der dein Kind sich sonnt, weil es ein Leben, wenn auch nur ein Scheinleben war, das es zerstörte, hat unser Heiland auch erfahren. Auch ihn hat sie gereizt und gelockt, aber er hat sie gelitten, nicht geliebt. Und so ist er herangewachsen und hat an dem, das er litt, Gehorsam gelernt und hat sich aller Autorität untergeordnet und durch seine heilige Kindheit, durch die Kindheit eines ausgesetzten Königssohnes, leuchtete das Bewußtsein, daß er reicher sei, als er war und daß er größer sein müßte, als er ist. Und manchmal ging es durch seine heilige Seele wie ein Verlangen nach einem verlorenen Gut und wie eine Gewißheit, daß das Verlorene nicht für immer verloren sei. So hat er gelernt. Er hat die Natur angesehen wie jedes andere Kind; aber er hat sie betend angesehen und hat in ihr bekannte Züge und bewußte Bilder und längst gewohnte Ahnungen erschaut. Und er hat von Menschen gelernt, von armen Menschen, von einem Weibe, das einen geringen Gesichtskreis hatte, von einer Frau, die aus alter Geschichte und dürftiger Gegenwart ein armes Leben führte. Er hat von ihr gelernt, was sie ihn lehren konnte und hat ihr Dienste getan und ihr sich gehorsam gezeigt und hat immer und immer wieder geschwiegen und gelitten und gewartet. Und als er zwölf Jahre alt war, da hat er zum ersten Male die Offenbarung erfahren, die wie ein Geheimnis über der armen Hütte seiner Jugend lagerte und das Geheimnis hat ihn froh gemacht: „er wird mich nennen: mein Gott! mein Vater! und ich werde zu ihm sagen: mein Kind! mein Sohn!“ Da ist es dem Herrn wieder ganz ins Gedächtnis zurückgekehrt, wie auch die ärmste Zelle groß genug ist, um eine ganze Fülle von Sonne in sich zu beschließen, und er hat erfahren: ich bin meines Vaters Erbe. – Und weit entfernt, daß er dann um des Glückes willen, das seiner gewiß war, die Enge und Ärmlichkeit und die Schranken des Erdenlebens mißmutig trug, hat er dem Vater wieder den Abschied