dann ist’s vorüber. So manche, die darum sorgen, daß ihr Leib nur möglichst rasch wieder in seine Atome aufgelöst und in Asche verwandelt wird, tun das, weil die Spuren ihres Lebens möglichst rasch verschwinden sollen. Wir aber freuen uns dessen, daß der Schöpfer sich mit unserem Leben beschäftigt hat und mit ihm späterhin sich beschäftigen wird, und legen unseres Lebens Dank in das Bekenntnis: Ich glaube an Gott den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer!
Nur eine Frage noch, die uns innig berührt! Wir wissen, wie ein Menschenleben äußerlich entsteht. Wir wissen, daß wir ein gut Teil dessen, was wir an uns tragen, als Erbe von Mutter und Vater bekamen. Wie steht es aber um das Geheimnis meiner Seele? Wann und wie ist meine Seele entstanden? Merke, daß die Seele ein ganz bestimmter Gottesgedanke ist, der sich dem Leibe mitteilt, eine ganz eigenartige Gottesmacht. Woher kommt es sonst, daß fromme Eltern gottlose Kinder oder auch gottlose Eltern fromme Kinder manchmal haben? Woher kommt es sonst, daß hochbegabte Eltern manchmal beschränkte Kinder oder beschränkte Eltern hochbegabte Kinder haben? Woher kommt es, daß aus überaus harmonischen Ehen Kinder mit den wildesten Leidenschaften und wirrsten Gedankenbildern hervorgehen? Das ist die eigentümliche Geschichte der Menschenseele. Wir sind fern von jener Schwärmerei, die jetzt hauptsächlich durch unsere Frauenwelt geht, als ob die Seele schon in einem andern Körper
Hermann von Bezzel: Der 1. Glaubensartikel. , Neuendettelsau 1925, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Der_1._Glaubensartikel.pdf/82&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
