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anderer Leben schuld zu sein. Wie oft haben wir gesagt: Sich selbst erziehen ist leichter als andere erziehen; für sich selbst verantwortlich sein ist weit tunlicher als für andere die Verantwortung tragen.

 Warum hat Gott die Welt, den Menschen, die Menschheit geschaffen? Hat er sich damit etwas Gutes getan, der solche Last sich auferlegte und solchen Jammer sich erweckte, der die Tränen ohne Zahl – wie Luther einmal sagt: Tränlein, die er gar nicht vergessen darf – erregt hat, der jetzt, wie Luther wiederum sagt, eine eigne Abteilung in seines Himmels Höhen hat, worin die Tränen alle sind? Warum hat er das getan? Er hat es gewußt und doch hat er es gewollt. So oft wir darüber nachdenken und das Wort will uns dabei nicht über die Lippen, so müssen wir es doch sagen: Aus Liebe.

 Aus Liebe hat er den Anfang gemacht. Vor dem Anfang war er nicht allein. Vor dem Anfang waren um ihn die seligen Geister, die heiligen Engel, die ihn lobten, ehe der Morgenstern ihn pries. Und nun wollte er eine Welt schaffen nicht um seinetwillen, sondern um ihretwillen, damit sie Zeuge wäre der ewigen Freude und teilhaftig der ewigen Sonne. Denn über aller Schöpfung Gottes steht das große Wort: Geben ist seliger als Nehmen. Ob er gleich wußte, wie karg unser Lob, wie arm unser Dienst ihm begegne, hat er sich’s nicht verdrießen lassen zu geben. Wenn du jetzt, ehe der Herbst sein letztes Gewand abstreift, noch einmal