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vergeht, das ist nicht mehr wert. Hier ist die Welt des Vergehens überwunden. Und wenn man an den Gräbern teurer Menschen die tiefsten Demütigungen erlebt, die die Nacht schlaflos machen und den Tag beschweren, so erlebt man zugleich an ihnen die höchsten Tröstungen: Ich lebe, spricht er, der tot war, und ihr sollt auch leben! (Joh. 14 19.) Wenn dein Herz von Hochmut schwillt, dann sende es in die Ohnmacht des Todes; und wenn es vor Kleinmut ängstlich lebt, sich selbst zum Schrecken wird, dann schicke es in die Allmacht des Lebens: Hast du mich darum geschaffen, daß ich vergehe? Darum erlöst, daß ich wie der Staub verwehe? Hast du mich darum in der Taufe und im Nachtmahl erquickt und getröstet, daß ich mit dem welken Laub fortgetragen werde in das leere, tote, starre Nichts? Das kannst du nicht wollen, das darfst du nicht wollen; denn du bist der Gott des Lebens und meine Seele tröstet sich in deiner Kraft. Ja, mein Christ, daß du nur Mensch bist, der Gedanke beuge das Haupt und das Herz. Doch daß du Mensch bist, rufe die Freude hervor; denn in deine Reihen ist Christus eingetreten und in dein Elend hat er sich eingestellt. Ich bete an, nicht die erdrückende Allmacht, ich bete an die Macht der Liebe, die sich in Christo offenbart. Und nun sage mir auf dein Gewissen: was bleibt in dem furchtbaren Schrecken des Todes noch, wenn das Kreuz nicht mehr mächtig ist? Ich bleibe dabei: Verflucht wäre die Stunde meiner Geburt, wenn nicht