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ein. Als ich aufs neue erwachte, saß die Schwester noch immer da und häkelte.

Professor Weichteil war ein unbedingter Vertreter der Theorie der schnellen Heilung. Höchstens zwei Tage Bettruhe, dann aber schleunigst aufstehen. Vor allem hieß es jetzt, viel spazieren gehen, turnen, namentlich Hochsprung schrieb er vor, schwere Lasten tragen. Sich von guten Boxern vor den Bauch boxen zu lassen, hielt er für vorzüglich nach einer Blinddarmoperation. All diese Übungen fielen mir verflucht schwer. Aber mit dem neuen Lebensmut, der sich allmählich einstellte, wuchs auch meine Energie. Wenn die Methode des Professors nur zur schnellen Heilung beitrug, nahm ich das Unangenehme gern in Kauf.

Leider sollte mir noch ein Mißgeschick passieren, das meinen Austritt aus dem Krankenhaus verzögerte. Bei einem Sprung aus der ersten Etage, mit 100 Kilo schweren Gewichten in der Hand, platzte der Bauch in der Naht und die Gedärme quollen heraus. Sie hingen mir wie aufgegangene Schuhbändel auf die Füße. Ich bemerkte das Unglück erst nicht und bummelte noch durch den Stadtgarten. Kinder machten mich dann auf die auf die Schuhe baumelnden Eingeweide aufmerksam. Ich gab ihnen saure Bonbons, wurde am gleichen Tage wieder zugenäht mit doppelter Naht und mit Stahldraht, außerdem mit Markenpapier verklebt. Die Naht wurde noch, um ein übriges zu tun, mit Zigarrenkistchenbrettern vernagelt.

Das hielt und bald schon konnte ich das Hospital verlassen. Geschwächt, aber guten Mutes und voll neuen Hoffnungen und Lebensfreude.

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Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 244. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/244&oldid=- (Version vom 1.8.2018)