und nicht die befreiende, erlösende Antwort auf den Scherzrebus „Leben“.
Schleunigst eilte ich zu einem Arzt, der mir als weltberühmter Lungenspezialist allseitig aufs wärmste empfohlen worden war.
Er wohnte am Boulevard Baille und hieß Jean Maurice Ragoût-Fin. Ein eigentümliches Lärmen klang mir aus dem palaisartigen Gebäude entgegen. Ein Bellen, Krächzen, Schnaufen; Tiere konnten nur solche Töne hervorbringen.
Voller Grauen betrat ich das Haus. Sechs Diener nahmen mich in Empfang und führten mich in einen riesigen Saal, aus dem das unheimliche Getön herausschallte.
Ein tolles Gehuste, ein Chaos von Grunzen umfing mich und verwirrte meine Sinne. Einige hundert Menschen befanden sich in diesem Saal, die fortgesetzt husteten und diese merkwürdigen Geräusche von sich gaben. Sie warteten alle auf Jean Maurice Ragoût-Fin.
Vier Tage habe ich in dem Wartesaal gesessen, bis ich dran kam. Es war schon ein recht ungemütlicher Aufenthalt inmitten der vielen hundert Hustenden, die sich immer wieder durch neue Ankömmlinge ergänzten. Es war wie ein wildes, kakophonisches Tonstück; es hätte von Strauß sein können. Ich wundere mich überhaupt, daß der Komponist der „Elektra“ derartige animalische Geräusche in seinen Tondichtungen noch nicht praktisch verwandt hat. Wird schon noch kommen.
Also nach vier Tagen kamen zehn Diener zu mir und führten mich in das Studierzimmer ihres berühmten Herrn.
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/217&oldid=- (Version vom 1.8.2018)