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Von meiner Lunge.

Ich habe keine Lunge mehr.

Ich bin eigentlich tot oder aber ein anatomisches Phänomen.

Ich muß wohl schon letzteres sein, da mir das Totsein niemand so recht glauben will. Meine Gläubiger zum Beispiel wollen nichts davon wissen. So habe ich meinem Schneider, der die verfluchte Manie hat, für längst verschlissene Anzüge beharrlich Geld zu fordern, durch meine Aufwartefrau sagen lassen, ich sei gestorben. Ich hätte keine Lunge mehr, ich hätte das schwarz auf weiß. Und ohne Lunge könnte man nicht leben, das wäre doch eine klare Sache.

Der Mann hat mich verklagt, und man hat mir meinen Phonographen, die Kuckucksuhr, einen Haussegen und acht Flaschen Eierkognak gepfändet.

Gut, bin ich also ein anatomisches Phänomen.

Ich gehöre von Rechts wegen in ein Museum, auf ein Podium oder in einen Glaskasten. Mein rätselhafter Zustand müßte von allerersten medizinischen Autoritäten des In- und Auslandes begutachtet und beglaubigt sein, Fürstlichkeiten der höchsten Häuser nebst Familien müßten mich besichtigt und ihre Anerkennung ausgesprochen haben. Ich müßte genannt werden mit den Schwestern Blaczek, dem Mann mit

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Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/215&oldid=- (Version vom 1.8.2018)