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Was mir an der Table d’hote in der Sommerfrische passierte.

Ich bin wirklich ein unglücklicher Mensch. Ich leide am Respekt vor anderen Leuten. Ich möchte so gerne imponieren und eine gute Figur abgeben. Ich weiß theoretisch genau, was ich zu tun habe, in der Praxis aber versage ich regelmäßig. Die geringste Kleinigkeit gibt mich der hilflosesten, täppischen Schüchternheit preis.

Gott, fürchte ich mich immer vor dem Augenblick, als Eingeladener, natürlich verspätet, den Empfangssalon, wo schon alle Gäste versammelt sind, zu betreten, oder den Speisesaal eines Hotels, wenn die gemeinsame Tafel schon begonnen hat, oder das Theater oder den Konzertsaal. Das Gefühl: jetzt passiert dir etwas Dummes und du bist blamiert, hängt wie ein Damoklesschwert in solchen Augenblicken über mir.

Das Essen hatte schon begonnen, als ich zitternd den Speisesaal des Goldenen Bären zu M. im Schwarzwald zum erstenmal betrat.

Ich war am Abend vorher spät angekommen. Ich hatte mich mit besonderer Sorgfalt angezogen, um mich bei der ersten Table d’hôte in günstiger Weise

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Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/204&oldid=- (Version vom 1.8.2018)