Ich will meine Ruhe haben, außerdem habe ich X-Beine, ich sehe im Bad gar nicht martialisch aus.
„Zoppot! Idyllisch – poetisch,“ schwärmte Goliath Bumke, „ha, die Unendlichkeit des Meeres, die Sinfonie der Wasser!“ Dabei flog mir ein verkautes Blättchen von seiner Zigarre, das ihm von ohngefähr in den Mund geraten war, an die Backe; es war eine Angewohnheit von ihm, er tat das immer. „Reisen wir zusammen, ich reise morgen,“ schlug er vor.
Auch Bumke gab ich einen Korb.
An die See mag ich überhaupt nicht, da soll man sich verloben, oder aber es sind zu viel Kinder da, oder … oder … und die X-Beine verleiden mir überhaupt, öffentlich zu baden. –
Nach Thüringen – da sind mir zu viel Berliner. In den Harz – da sind mir auch zu viel Berliner. An den Rhein – da ist es im Sommer zu heiß. Scheveningen – da ist es mir zu fein. Zandvoort – da sind nur Holländer. Nach Rügen – das ist mir zu weit, und an den Kreidefelsen macht man sich den schwarzen Anzug weiß. In die Eifel – die ist in den Ferien so überlaufen. In den Hunsrück – da weiß ich überhaupt nicht wo das ist. In die Schweiz – da geht jetzt jeder hin, außerdem hat man die Schererei mit dem fremden Geld und der Verzollung. In die bayerischen Alpen – da verstehe ich den Dialekt nicht. In den Spessart – da bin ich zu bange wegen der Räuber. Nach Triberg – da wäre ich nett verrückt.
Ich wußte nicht mehr ein noch aus. Es war entsetzlich. Die wenigen Leute auf der Straße, die Häuser, selbst die Droschkenpferde schauten mich höhnisch an und feixten. Heißer und heißer wurde
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/194&oldid=- (Version vom 1.8.2018)