ein, und der Wunsch wurde urplötzlich in mit wach, diese Philosophie auch zu der meinigen zu machen.
Mit meinem bisherigen Leben war ich keineswegs zufrieden. Ich litt vor allen Dingen an dem Respekt vor dem Bestehenden, der rückhaltslosen Anerkennung der Tradition. Ich kam vor lauter Hochachtung und Angst vor jeder Autorität im peinlichsten Bestreben, jeden Schritt, den ich tat, um Gottes willen darauf hin zu prüfen, was „die Leute“ dazu sagen würden, überhaupt nicht dazu, mein Leben zu leben.
Vehemenz Pöste wies mir den Weg, den ich einzuschlagen hatte.
„Du bist ein Rindsvieh, dich abzuplacken,“ drang die Stimme des Verführers, dem meine Bewegung nicht entgangen war, auf mich ein, „du wohnst in einem erstklassigen Hotel, wo du Gelegenheit hast, in einer Nacht deine Revenuen für lange hinaus einzukassieren. Versuche es doch mit dem schwarzen Pyjamatrick!“
Was wußte ich vom schwarzen Pyjamatrick!
„Der schwarze Pyjamatrick ist meine Erfindung,“ fuhr Pöste mit einem gewissen Stolz fort. „Du dringst während der Nacht in ein Zimmer ein, wo du nach vorheriger genauer Rekognoszierung gute Beute vermutest. Du dringst ein, d. h. du packst mit einer Kneifzange die am Schlüsselloch herausragende Spitze des von innen steckenden Schlüssels und öffnest[1] auf diese Weise geräuschlos die verschlossene Tür, die du dann sofort hinter dir zuziehst. Sollte der Bewohner des Zimmers wach geworden sein, verhältst du dich so lange untätig, bis dir die regelmäßigen Atemzüge vom Bett her anzeigen, daß dein Opfer wieder eingeschlafen
- ↑ Vorlage: öffnetst
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/167&oldid=- (Version vom 1.8.2018)