Es war tatsächlich in einem Anfall von Größenwahn, als ich den Entschluß faßte, im Riviera Splendid Palace (sprich Pälläß) abzusteigen.
Ich muß gestehen, der Name hatte es mir angetan. Ich war der Suggestion dieser drei Worte rettungslos verfallen. Ich bitte Sie: Riviera Splendid Palace (sprich Pälläß), klingt das nicht grandios, überwältigend? Lösen diese drei Worte nicht Vorstellungen von etwas ganz Fabelhaftem, Märchenhaftem bei Ihnen aus?
Es gibt Bezeichnungen, mit denen man in den meisten Fällen keinen präzisen Begriff verbinden kann und die, wenn sie tatsächlich doch etwas bedeuten, vor allen Dingen nicht im geringsten Zusammenhang mit der betreffenden Sache stehen. Gerade derartige Namen aber verfehlen durch einen gewissen Anschein von Vornehmheit nie ihre Wirkung auf das Publikum.
Namentlich in der Hotelpraxis, auch hierzulande, wird mit solchen suggestiven, talmieleganten Worten mit Vorliebe gearbeitet.
Man wohnt doch, weiß Gott, lieber in einem Westminster Hotel, Bristol Palace (sprich Pälläß), Royal Carlton House, Hotel du Nord et des Anglais usw. als in einer simpeln Goldenen Gans, einem Wilden Schwein, einem Blauen Hecht, einer Post. Gerade bei einem Gasthaus letzteren Namens würde man an die ganze Rückständigkeit und Primitivität vergangener Tage erinnert, als unsere reisenden Vorfahren, die nichts wußten und alles glaubten, die weder zu Peary oder Cook, Blériot oder Wright, starrem oder halbstarrem Luftschiffsystem, noch zu irgendeinem der tausend Haarwässer, Zahnpasten,
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/160&oldid=- (Version vom 1.8.2018)