war zu peinlich. Die Leute im Coupé, denen ich auf den Füßen stand und auf den Knien lag, murrten schon. Andere feixten und hörten interessiert dem angeregten Gespräch zu!
Endlich! Der Zug setzte sich in Bewegung.
„Vergiß nicht, Benders zu schreiben,“ mit dem Zuge laufend, stieß es Tante Düne ein letztes Mal keuchend hervor.
Tante Hupebeih verstreute bei dem Versuch, das Taschentuch aus ihrem Pompadour zu zerren, dessen ganzen Inhalt über den Perron: Schlüssel, Pfeffermünztabletten, Bleistift, Haarnadeln, Taschenkämmchen, Groschenstücke, Perronkarte.
Onkel Dagobert lief auch noch ein Stück neben dem Zuge her und winkte mit dem Schirm.
Er hatte nur nach dem Zuge gesehen und war mit aller Kraft gegen eine Säule gelaufen. Sein Hut flog in hohem Bogen über den Bahnsteig.
Das war der letzte Eindruck, den ich von meinen Lieben mitnahm in die Fremde. –
Meine Handtasche war recht schwer. Ich bin kein Hüne. Ich brauchte lange, bis ich sie im Netz hatte. Die Leute im Coupé grinsten schadenfroh. Ich setzte mich in der Verwirrung auf Tante Bröseles Blumenstrauß, fuhr sofort wieder hoch, da mich ein Drahtende gepitscht hatte. Nun wurde ich aber zornig und warf den Strauß zum Fenster hinaus. Die Leute im Coupé höhnten laut und machten freche Bemerkungen. Ich keilte mich zwischen zwei harte, feindliche Ellenbogen. So sehr bequem saß ich nicht: ich hatte die aufgeklappte Armstütze im Rücken und im Nacken das Kopfpolster. Harte, haßerfüllte Knie und Ellenbogen bedrängten mich mehr und mehr. –
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/139&oldid=- (Version vom 1.8.2018)