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der richtigen Papiere Metzger- und Gasrechnungen und ein altes Mietsbuch in die Hand gedrückt hat, so ist man für diese Mission ziemlich ungeeignet. Erst wurde ich von Schalter zu Schalter gehetzt von „für Sterbefälle“ zu „für Wasserleitung“, von „für Straßenreinigung“ zu „für Armenpflege“, bis ich endlich an den Schalter „für Geburten“ kam und mich entsprechend blamierte, Schmähreden und Anschnauzer einheimste und bald, wie mit einem Brett vor den Schädel geschlagen, draußen stand.

Und dennoch hatte ich nach allen diesen Enttäuschungen noch die Courage, zur Theaterkasse zu gehen.

Die Theaterkasse war schwer bedrängt von Menschen. Mein Schalterkoller befiel mich wieder prompt und verwirrte mein Denken. Der Verkehr an dem Schalter war so geregelt, daß sich die Leute vor der Kasse durch einen komplizierten Gang von eisernen Spiralen winden mußten. Auf diese Weise konnte sich niemand vordrängen. Von dem Zickzack-Gehen war ich völlig blöde im Kopf geworden und, als ich endlich am Schalter stand, faselte ich dem Mann etwas vor von dem Kind meines Freundes Engerling – und der Brief läge unter En Ka, En Ka, und Herr Pröbster bekäme 124 Mark. Der Mann wurde ungehalten, machte mit der Hand eine auffordernde Bewegung, ich möchte mich fortscheren, rollte auch mit den Augen und runzelte die Stirn. Als er mich noch anschnauzte, wie ich hieße und ob ich verrückt sei, kam eine maßlose Wut über mich. Ich packte den Mann beim Kopf, zog ihn durch das Fensterchen und riß den Schieber herunter. Pfitsch, ein Blutstrahl, der Kopf rollte zu Boden. Mit gräßlichem Blick schauten mich die

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Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/112&oldid=- (Version vom 1.8.2018)