Schlag und stierte auf den Rücken eines vor mir stehenden Mannes, dem der Rockaufhänger heraushing und die Krawatte munter zu Kopf stieg.
Warum stand ich nun eigentlich hier und vor mir ein Mann mit dem Aufhänger am Hals und der klimmenden Krawatte? Was hatte das zu bedeuten?
Langsam schob sich die Menge vor, unendlich langsam. Ab und zu löste sich jemand von der Schar, der sein Geschäft erledigt hatte. Schauerlich langsam. So stand ich still und ergeben drei Wochen. Von Zeit zu Zeit wurde das Schalterfenster aufgeschoben und wieder zugeknallt. Man hörte das Geräusch von Geldzählen, ergebenes Murmeln, dann eine sehr laute, herrische Stimme, die unfreundlich und scharf sagte: „Können Sie nicht lesen?“ oder „Glauben Sie, wir hätten unsere Zeit gestohlen?“ Dann schlich sich immer jemand klein und bescheiden beschämt von hinnen, sichtbar gealtert.
Ich stand völlig im Bann einer unglaublichen Schüchternheit. Ich wagte gar nicht, zu protestieren, wenn sich neu Ankommende einfach vor mich stellten. Ich war geduldig und wartete – mein Bart und Haupthaar wuchs. Und es vergingen weitere drei Wochen.
Jetzt erst fing ich an, Obacht zu geben, und ließ niemand mehr vor mich. Ich kam dem Schalter langsam näher.
Ich hatte mit der Resignation eines Philosophen um mich gestiert und zu meiner Freude plötzlich bemerkt, daß neben dem so bedrängten Schalter sich eine Reihe anderer Schalter anschloß, an denen niemand stand.
Schnell hatte ich meinen Platz verlassen und war zum ersten besten dieser Schalter geeilt. Er war mittels
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/107&oldid=- (Version vom 1.8.2018)