Er reiste eines Tages in die Bretagne und fand dort in dem am Meere gelegenen Dorfe Oeuf à la Coque unter den Einwohnern einen außergewöhnlichen Wasserfanatismus. Von früh bis spät lagen diese Leute im Meer. Und zu Hause wurden die Seebäder noch durch Duschen und Abwaschungen ergänzt. In Oeuf à la Coque gab es vierzig Einwohner über hundertundachtzig Jahre, die alle noch Rad fuhren und Rollschuh liefen. Eine hundertundfünfundsiebzigjährige Frau leistete erhebliches auf dem Drahtseil. Das gab zu denken.
Onkel Willibalds Grauen vor sich selbst wuchs von Tag zu Tag. Er merkte zu seinem Schrecken, wie er mählich körperlich und auch geistig verkam. Die Lebensweise des uralten Schäfers war nichts für ihn.
Die Leute in Oeuf à la Coque wiesen ihm den richtigen Weg. Die kannten das Geheimnis des langen Lebens. Wasser, Wasser war die Parole!
Im Zuge zurück in die Heimat, lernte er den berühmten Wasserheilmenschen Knobbe kennen, der ihm sein Buch „Wie ich ein Hüne wurde“ schenkte, in dem er sein Wasserheilverfahren überzeugend darlegte und unzählige verblüffende Resultate aufführte.
Sofort schrieb Onkel Willibald an die größten Geschäfte für Badeeinrichtungen und bat um Prospekte.
An Amöne, die auch eine Anhängerin der Theorie des uralten Schäfers war, nicht aus Überzeugung, sondern aus heimatlicher Überlieferung, wuchs Moos, und auf dem verfilzten Kopf nisteten Rotkehlchen.
Onkel Willibald entließ sie. Er bekam einen Abscheu vor ihr, außerdem fehlten ihm zwei Teelöffel.
Die Kataloge kamen zu Stößen ins Haus. Natürlich galt es erst zu probieren, ehe man sich zur Anlage
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Ernst Rowohlt Verlag, Leipzig 1911, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/073&oldid=- (Version vom 1.8.2018)