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es sich kaum erklären. So unerwartet! Gestern waren Beckers noch im Stadtgarten. Kalbfleisch mit Kartoffelsalat hatte Frau Becker gegessen. Und jetzt war ein Junge da.

Das Kind wurde natürlich für so schön und kräftig befunden, wie man noch keines bisher gesehen hatte. Herr Becker ging mit enorm herausgedrückter Brust stolz durch das Haus.

Der Junge wanderte von Hand zu Hand. Die Tanten rissen sich um ihn. Eine jede hatte die krampfhafte Sucht, etwas mit dem Baby anzustellen. Es war ein seltsames Stimmendurcheinander, ähnlich einer wilden Unterhaltung von Papuanegern oder dem Lautgewirr in einer Irrenanstalt.

„Pi, pi, pi, tleine Jung, tleine Jünke! Tö, tö, tö, püh, püh, püh, hatu Weweeke? Teine Terlche, teine Terlche, kis, kis, kis!“ klang es wirr durcheinander.

Tante Meta hatte das Kind auf dem Arm und fragte es fortgesetzt: „Wo is et liebe Kerlche, wo is der kleine Jung?“

Diese sinnige Frage wurde von dem Baby nur mit einem mörderischen Geschrei beantwortet.

Frau Becker hatte die fieberhafte Sorge aller jungen Mütter, horchte begierig und vertrauensvoll allen Vorschlägen und ließ die Tanten in allem gewähren.

„Gewickelt, feste gewickelt muß das Kind werden,“ wurde vorgeschlagen. Der Junge wurde gewickelt mit einer Begeisterung, daß er ein gutes Stück länger wurde. Das Kind brüllte.

„Was wickeln? Um Gottes willen!“ hieß es von anderer Seite, „das Kind muß frische Luft haben, muß strampeln können.“ Das Baby wurde bei 0 Grad auf die Bleiche gelegt. Das Kind brüllte.

Empfohlene Zitierweise:
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Leipzig: Ernst Rowohlt Verlag, 1911, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/015&oldid=- (Version vom 1.8.2018)