ihrem Schirm – mit einem Storchenknopf aus Elfenbein als Griff – auf den Boden gestoßen.
Herr Becker war ganz klein geworden und hatte nur noch verzweifelt zu stöhnen gewagt. „Aber die Ammen – die Ammen. Wir haben ja auch schon eine engagiert, die bei uns wohnt!“
„Und wenn es nun Zwillinge werden? Oder gar Drillinge, hä? Was dann?“ So hatte ihn Tante Hucklenbroich überlegen angeschrien. Und ihre Amme sei eine Kapitalsamme, und sie bestehe darauf, daß sie verwandt würde. Gegen ihre Amme kämen die der anderen Tanten nicht an.
Herr Becker resignierte kleinlaut, und als Barbara Tröpfeli mit einer Unmasse von Koffern und mit einer Amme, die aussah, wie eine Festung, eines Tages erschien, sagte er kein Wort. Apathisch stierte er den Besuch, die Koffer und die Amme an, wie ein unabänderliches, starres Prinzip.
Mutze Mandel kam nur mit vier Koffern und ohne Amme. Wie ein Irrer sah ihr Herr Becker entgegen und murmelte fragend: „Und die Amme, wo ist die Amme?“
Er schlief, ohne zu mucksen, auf dem Fensterbrett in der Küche. Alle Betten, Sofas und Chaiselongues waren in Anspruch genommen. Er schickte sich darin. Gott, so eine Geburt war eben ein außergewöhnliches Ereignis, das seine Schatten vorauswarf. Er war ein Neuling, das mußte vielleicht alles so sein.
Frau Becker war ruhig und gelassen und handelte nach allen Ratschlägen – sie mochten einander noch so entgegengesetzt sein – die ihr die Tanten und sonstigen Leute gaben.
Hermann Harry Schmitz: Der Säugling und andere Tragikomödien. Leipzig: Ernst Rowohlt Verlag, 1911, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_Harry_Schmitz_Der_Saeugling.djvu/011&oldid=- (Version vom 1.8.2018)